11. März 1812 Preußische Juden sind nicht mehr Staatsbürger 2.Klasse - Emanzipationsedikt stellt jüdische Bürger gleich
Aus dem Jahre 1295 stammt die erste Urkunde, die Juden in Berlin erwähnt. Aus dem Jahre 1244 stammt der älteste Grabstein auf dem ehemaligen Spandauer "Judenkiewer". 1671 hat der Kurfürst 50 reichen jüdischen Familien, die aus Wien ausgewiesen worden waren, Schutzbriefe ausgestellt. Für acht Taler Schutzgeld pro Jahr und Familie wurde ihnen gestattet, sich zunächst für 20 Jahre in Berlin anzusiedeln. Der Kurfürst versprach sich davon nach den Verheerungen des 30-jährigen Krieges eine Belebung des Handels und vor allem einen Zuwachs des Kapitals im Lande.
Dies war die Geburtsstunde der Berliner Jüdischen Gemeinde. Immer wieder waren in den letzten Jahrhunderten Juden unter Vorwänden hingerichtet, diskriminiert oder unter Einziehung ihres Vermögens des Landes verwiesen worden. Mit diesem ersten Edikt wurde ihnen Ausübung des Gottesdienstes und ein eigener Friedhof in der großen Hamburger Straße in Berlin eingeräumt. Der einzige erlaubte Wohnort ist die Judengasse. 1716 setzten die Berliner Kaufleute eine erneute Diskriminierung durch. Nachdem es ihnen nicht gelungen war, den König zur Schließung jüdischer Läden zu bewegen, schlossen sie Juden in ihrer Gildeordnung vom Handel aus:
Kein Jude, strafbarer Totschläger, Gotteslästerer, Mörder, Dieb oder der da sonst mit Lastern und Sünden beflecket ist,
heißt es da, dürfe in ihre Gilde aufgenommen werden. Erst 1730 werden die Bestimmungen vom Soldatenkönig etwas gelockert, aber weiterhin gibt es starke Einschränkungen, so z.B., dass die Zahl der jüdischen Familien auf 100 begrenzt ist, und ihre Oberen vom König bestätigt werden müssen. 1750 werden ihre Rechte abermals eingeschränkt. Friedrich der Große begrenzt die Anzahl der Berliner Schutzjuden auf 266. Fünfhundert - vor allem arme - Juden werden aus der Stadt ausgewiesen. Sie sind immer wieder das Opfer äußerst rigider Edikte gegen die sogenannten „Betteljuden“. Nach wie vor dürfen die Juden keinen Grundbesitz erwerben und keine handwerklichen Berufe ausüben. 1768, der König braucht Geld, wird das Schutzgeld von 15.000 Talern auf 25.000 erhöht. Außerdem haftet die ganze Gemeinde für jedes Delikt eines ihrer Mitglieder, auch bei Bankrott. Neue Privilegien werden nicht eingeräumt, es sei denn, sie wollten Fabriken gründen.
Gerade in den späten Regierungsjahren Friedrichs II., setzt sich der Jude Moses Mendelssohn sowohl für die Gleichberechtigung der Juden, als auch für eine Öffnung der jüdischen Gemeinschaft ein. Das „Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden im preußischen Staate“ vom 11.März 1812, erlassen von König Friedrich Wilhelm III., macht die 70.000 in Preußen lebenden Juden nun zu gleichberechtigten preußischen Staatsbürgern. Sie erhalten volle Bewegungsfreiheit und können sich allerorts niederlassen, die seit einem Jahr eingeführte Gewerbefreiheit gilt auch für sie, akademische Ämter sind ebenso erlaubt wie kommunale Ämter. Erreicht wird die angestrebte Gleichstellung damit noch nicht, denn in den Staatsdienst bei Verwaltung und Justiz sowie in Offiziersstellen können Juden nur einrücken, wenn sie zum Christentum konvertiert sind. Die „assimilierten“ Juden bekennen sich in Preußen vorrangig zum Protestantismus.
Die öffentliche Meinung beeinflusst das wenig. Eher im Gegenteil. So lässt die konservative Tischgesellschaft keine Frauen und keine Juden zu. Trotzdem verkehrten dort etwa Clemens Brentano oder Friedrich de la Motte Fouqué, die in den Salons der Berliner Romantiker durchaus engen Umgang mit den gebildeten jüdischen Damen pflegten. Erst 1847 aber wird eine einheitliche Gleichstellung für alle in Preußen lebenden Juden verordnet.