1790 König Friedrich Wilhelm II. regelt die Prostitution in Berlin
Berlin ist nicht nur Residenz sondern auch Garnison. Der Anwesenheit der zahlreichen Soldaten ist es zuzuschreiben, dass im Zentrum der Hauptstadt zahlreiche Prostituierte ihrem Gewerbe nachgehen. Ein anonymer Zeitgenosse schildert aus eigener Anschauung:
„Die Mädchen wohnen, spinnen, nähen, stricken, singen oder gehen spazieren, solange nämlich Tag ist; bricht die Nacht herein, so gehen sie auf Verdienst aus, und da ist denn die Lindenallee, der Lustgarten, der Schlossplatz und der Tiergarten ihre Hauptpromenade. Ihre Losung ist gewöhnlich: >Guten Abend lieber Junge, so allein?< Folgt nun eine günstige Antwort, so ist der Handel bald geschlossen, und der Preis beläuft sich selten über zwei Groschen preußischer Kurant.“
Der neue König, selbst eifriger Besucher von Bordellen, möchte die Damen vom horizontalen Gewerbe nicht mehr auf der Straße und in Sonderheit nicht vor seiner Haustür sehen. So werden 1790 in seinem „Lusthauserlass“ die Straßen und Plätze um das Brandenburger Tor zum Sperrbezirk erklärt und verordnet, dass die Dirnen, die man an einer roten Schleife erkennt, in öffentlichen Freudenhäusern untergebracht werden:
Wir, Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden, verfügen hiermit zur Steuerung der heimischen Unzucht öffentliche Häuser einzurichten. Wir verbieten, daß sich galante Frauenpersonen in der ganzen Stadt verbreiten und befehlen statt dessen, sie in diesen Häusern zu halten und, auf ihrer linken Schulter mit einer roten Nessel geschmückt, um sie für jedermann kenntlich zu machen. Sollte fürderhin eine galante Frauenperson außerhalb der öffentlichen Häuser bei der Ausübung ihres Dienstes betroffen werden, sollte sie der Gerichtsdiener unter Trommelschlag zurück in das Haus führen, wo ihre Dienstschwestern versammelt sind!
So zählt man im Jahr 1795 in 54 Freudenhäusern von Königs Gnaden 257 registrierte Dirnen. Diese wiederum sind in drei Klassen tätig, 16 in der ersten mit den höchsten Tarifen, 33 in der zweiten und 141 in der dritten. Von den Damen, die in der Spandauer Vorstadt in eigenen Wohnungen praktizieren, sind 93 in der ersten Klasse und 28 in der zweiten Klasse tätig.