1. Mai 1747: Heile Welt auf künstlichem Weinberg
An der Einweihung des Schlosses Sanssouci im Mai 1747 nehmen 200 Gäste teil. Die Königin ist nicht eingeladen. Rund 300.000 Taler lässt sich der sonst nicht verschwenderische König den Bau des Lustschlosses nach seinen Plänen und denen von Knobelsdorff kosten. Der Name geht zurück auf einen Ausspruch Friedrichs, der sich auf seine dortige Gruft bezog:
Quand je serai là, je serai sans souci!
So bürgert sich Sans souci – ohne Sorgen – für die 7-Zimmer-Sommerresidenz auf einem künstlich angeschüttetem Weinberg ein. Der 35-jährige König führt hier das Leben eines musikalischen, philosophisch interessierten, schreibenden und disputierenden Herrschers, der ohne Prunk, diszipliniert und bescheiden sein Land regiert. Hier lebt er seinen Traum von der „heilen Welt“. Sein Tagesablauf ist fest geregelt:
Zwischen 3.00 und 4.00 Uhr Wecken. Bereits während des Ankleidens Erledigung der Post. Keine Briefe, außer die Todesurteile, liegen länger als einen Tag. Es werden ihm alle Besucher gemeldet, die in Potsdam angekommen sind. Interessiert ihn jemand, lässt er ihn zu sich bitten. Beim Frühstück trinkt er viel Wasser, Kaffee, gelegentlich auch Schokolade. Währenddessen referieren die Räte über Staatsangelegenheiten. Nach dem Frühstück ein bis zwei Stunden Flötenspiel als Meditation. Danach die Kabinettsräte zum Befehlsempfang.
Von 10 bis 11 Uhr finden Audienzen oder Spaziergänge im Schlossgarten statt. Danach: Parade seiner Garde. Oft kommandiert er selbst. Ab 12 dann die Mittagstafel mit Gästen. Das Mahl dauert zwei bis vier Stunden. Der König isst sehr gern sehr scharf. Seine Köche sind Italiener, Franzosen oder Russen. Ihre Leistungen werden mit Zensuren auf den Menükarten bewertet. An der Tafelrunde sitzen Schriftsteller, Generale, Diplomaten, Offiziere, Philosophen wie Akademiepräsident Pierre Louis Moreau Maupert, der Italiener Francesco Algarotti, d’Argens, Direktor der Literaturklasse an der Akademie, Julien Offray La Mettrie, Arzt und Vorleser des Königs und natürlich Voltaire. Folgendes Lobgedicht auf Friedrich II. ist überliefert:
Ein großer Herrscher bis zur Mittagsstunde,
Am Nachmittag Schriftsteller ersten Ranges,
Tagsüber Philosoph voll edlen Dranges
Und abends göttlich bei der Tafelrunde.
Nach dem Dessert eine halbe Stunde Flöte, Post unterschreiben. Danach Komponieren und Lektüre, gelegentlich Empfang von Besuchern. 6 bis 7 Uhr abends: Kammerkonzert, zuweilen mit hochkarätiger Besetzung: 1. Flöte: Friedrich II. 2.Flöte: Hofkomponist Quantz, Gesang und Cembalo: Herzogin Luise Dorothea von Sachsen Gotha, 1.Violine: Herzog von Braunschweig, Cello: Prinz Heinrich von Preußen. Sonst am Cembalo, der Bachsohn, Carl Phillip Emanuel und an den Violinen die Gebrüder Graun. Oft werden eigene Kompositionen des Königs gespielt, Flötenkonzerte, Sonaten, Sinfonien. Im rechten Flügel hat sich Friedrich eine Bibliothek eingerichtet. Hier stehen in Französisch alle großen Philosophen der Antike bis zur Gegenwart, bevorzugt natürlich Voltaire, Geschichte von Staaten und Kriegen, Memoiren und Porträts von Staatsmännern. Da Friedrich niemals und nirgendwo auf Lektüre und Studium verzichten kann, hat er drei identische Bibliotheken zusammenstellen lassen. Neben der in Sanssouci, eine für die Feldzüge und eine weitere im Berliner Schloss. Üppige Feste finden im Rokoko-Schlösschen nicht statt, auch werden hier selten Frauen gesehen. Die Königin, die im Schloss Niederschönhausen lebt, soll sich nur einmal heimlich, als Friedrich im Krieg war, die Gemächer des Gemahls haben zeigen lassen.