7. Juli 1764: Casanova in der preußischen Residenz
Der venezianische Abenteurer und Schriftsteller Giacomo Girolamo Casanova weilt im Sommer 1764 in der Residenzstadt Berlin. Der 39-jährige logiert im Hotel zu den drei Lilien in der Poststraße. Hintergrund seines Aufenthaltes sind u.a. seine Bemühungen, eine einträgliche Lotterie auf die Beine zu stellen. Helfen soll ihm dabei sein früherer Kompagnon Giovanni Antonio de Casalbigi. Außerdem inszeniert Casanova im Schloss Charlottenburg eine Oper. Möglicherweise in diesem Zusammenhang vermittelt ihm der Diplomat und Vertraute des Königs, George Keith eine Audienz in Sanssouci. Laut Casanovas Bericht dreht sich das Gespräch um Parkanlagen, Fontänen, Venedigs Armee, Steuern und Lotterie. Für letztere kann der Glücksritter den König ebenso wenig gewinnen, wie später die Zarin Katharina. Das etwa halbstündige Gespräch endet schließlich mit einem Kompliment und einer Offerte. Casanova erinnert sich:
Als wir bei einem Rundtempel mit doppelter Säulenreihe angekommen waren, blieb er vor mir stehen, sah mich vom Kopf bis zu den Füßen an und sagte nach einigen Sekunden:„Wissen sie, sie sind ein sehr schöner Mann.“ „Ist es möglich, Sire, dass Eure Majestät nach einer langen wissenschaftlichen Unterhaltung an mir den geringsten der Vorzüge bemerken können, durch die Ihre Grenadiere sich auszeichnen?“
Der König lächelte fein, aber freundlich und gütig und sagte dann zu mir: „Da Lord Keith Sie kennt, werde ich mit ihm über Sie sprechen.“ Hierauf nahm er seinen Hut ab – mit dieser Höflichkeit geizte er überhaupt gegen keinen Menschen – und grüßte mich. Ich machte ihm eine tiefe Verbeugung und entfernte mich.
Der König lässt übermitteln, dass er Casanova eine Anstellung anbieten will. Wochen vergehen bis das Angebot kommt. Der vornehme verwöhnte Galan soll Erzieher an der königlichen Kadettenschule werden, bei 600 Taler Gehalt und dem gleichen Essen wie die Kadetten. Der gewitzte Casanova schaut sich die Einrichtung an und findet eine kärgliche Behausung mit nicht besonders gepflegten und ärmlich gekleideten Kadetten und ihren Erziehern vor, die komplett unter der Fuchtel des Königs stehen. Casanova lehnt dankend ab. Wie ernst das königliche Angebot gemeint war, bleibt dahingestellt. Eine Lotterie hat der König, der ähnlich wie sein Vater gern „plus“ machte, im Jahre 1768 dann doch veranstaltet, allerdings ohne Casanovas Mitwirkung.