Brandenburgisch-Preußische Post
Das Wort "Post" geht auf den lateinischen Begriff "Posita statio" zurück, der die Station bezeichnet, an der frische Pferde und Reiter Nachrichtensendungen übernehmen und weiterbefördern. Im Italienischen wird daraus "posta", im Deutschen "Post". Der entscheidende Unterschied zum Boten ist, dass die Botschaft nicht durch eine Person sondern durch eine Kette von Überbringern befördert wird.
Anfang des 17. Jahrhunderts besteht die kurfürstlich-brandenburgische Botenanstalt, die in der Brüderstraße 4 untergebracht ist, aus 24 Boten zu Fuß, der Botenmeister heißt Christoph Hirschmann. Die Boten sind auf den Kurfürsten Johann Sigismund vereidigt, der am 20.6.1614 eine neue Ordnung erlassen hatte, die Aufgaben und Bezüge der Boten regelte. Zu den Aufgaben des Botenmeisters gehört auch das Sammeln von Nachrichten, deren Sichtung und Auswertung und die Herausgabe erster Zeitungen. Die älteste bekannte Berliner Zeitung stammt aus dem Jahre 1617. Ab 1616 existiert bereits eine Reitpost nach Königsberg, später auch Dragonerpost genannt. Auslöser der Postentwicklung sind die weit auseinander liegenden brandenburgischen Territorialerwerbungen Jülich-Kleve (1609) und das Herzogtum Preußen (1618). Die Boten sollen offiziell nur die Post des Hofes und die Behördenpost befördern, übermitteln aber auch Privatpost auf eigene Rechnung.
Das kurfürstliche Dekret vom 21.4.1646 gilt als Geburtsstunde der brandenburgischen Staatspost. Damit bricht Brandenburg das Reichspostmonopol. Regelmäßige Reitpostlinien werden zwischen Berlin, Kleve und Königsberg eingerichtet. Später kommen Linien nach Leipzig, Dresden, Hamburg, Bremen, Frankfurt/Oder und vielen anderen Städten hinzu. Erster brandenburgischen Postdirektor ist Amtskammerrat Michael Matthias, 1652 gefolgt von Otto Reichsfreiherr von Schwerin. Eng verbunden mit der Post entwickelt sich das Zeitungswesen, denn mit der Post kommen Informationen aus weitentlegenen Gebieten und schließlich ist es die Post, welche die gedruckten Zeitungen in viele Städte und Länder befördert.
Um 1670 werden zusätzliche Fahrpostlinien eingerichtet, die nun auch Personen, Pakete und Geldsendungen befördern. In der 2.Hälfte des 18.Jahrhunderts werden die Poststrecken ab dem Dönhoffplatz in Berlin in preußischen Meilen gemessen. Postsäulen in den Orten, die an der Route liegen, geben die Entfernung an. Die preußische Meile beträgt nach heutiger Rechnung 7,5325 Kilometer. Im Schnitt schafft der Postwagen 5 Meilen am Tag. Alle 35 Kilometer etwa erfolgt ein Pferdewechsel mit einem Aufenthalt von ca. zwei Stunden. Für die 20 Meilen (ca. 150 km) von Berlin nach Dresden benötigt die Fahrpost 4 Tage, für die 76 Meilen (ca.565 km) nach Königsberg 12 Tage, die 73 Meilen nach Kleve (ca. 550km) legt der Reisende in knapp 11 Tagen zurück.
Unter Friedrich I. wird das Postwesen beträchtlich erweitert. Die Zahl der Postämter wächst von 79(1698) auf 90( 1710), die der Postwärterämter von 11 auf 51 und die Zahl der Postillione von 271 auf 358. 1708 zählt man in Berlin in der Woche 63 abgehende und ankommende Reit- und Fahrpostverbindungen. Die 137.000 Reichstaler Überschuss aus dem Postbetrieb, können das Millionendefizit des preußischen Staates, das unter Premier Reichsgraf von Wartenberg, der auch Generaloberpostmeister ist, nicht stopfen. Erst nach dessen Sturz kommt es zu umfassenden Reformen des Postwesens.
1713 erlässt der Soldatenkönig die erste preußische Postverordnung. Er äußert:"...sollen Posten anlegen in Preussen von Ort zu Ort ich will haben ein Landt das kultiviret sein soll, höret Post dazu." 1723 lässt er zur Rekultivierung Ostpreußens ein weitverzweigtes Postnetz anlegen. Trotz der hohen Investitionen bringt die Post 1740 einen Gewinn von 220.000 Talern. Unverändert ist die Post staatliches Monopol, nur der Staat ist berechtigt, Poststationen anzulegen, in denen die Pferde gewechselt und die Passagiere versorgt werden. Der Postmeister ist oft zugleich der Krüger und Gastwirt. Unter Friedrich II. regeln die Verordnungen über das Postwesen vom 11.April 1766 und für Postmeister vom 15.Juni des gleichen Jahres alle Dienstvorgänge peinlich genau. Über die beträchtlichen Einnahmen zeigt er sich sehr erfreut. Etwa 20 Millionen Taler erwirtschaftet die Post in seiner Amtszeit, von denen 12 Millionen an den Staat und 8 Millionen an den König abgeführt werden. Bei seinem Tod existieren in Preußen 760 Postanstalten, vier Oberpostämter in Berlin, Breslau, Königsberg und Stolzenberg, 246 Postämter, sowie 510 Postwärterämter. Oberste Dienststelle ist das Generalpostamt in Berlin. Der Generalpostmeister steht im Rang eines Staatsministers. Der Komfort des Reisens allerdings bleibt unter Friedrich durch dessen Abneigung, Straßen auszubauen, stark eingeschränkt. Friedrich der Große betrachtet schlechte, morastige Wege als natürliche Hindernisse für feindliche Truppen und unerwünschte Handelsimporte. Sicher eher Ausflüchte, denn eine Meile befestigter Straße kostet immerhin 40.000 Taler. So beschränken sich des Königs Verordnungen meist auf den Versuch, die örtlichen Kommunen oder Adligen zum Straßenbau zu verpflichten. Auch schon sein Großvater, Friedrich I., der erste preußische König, hatte sich um den Straßenausbau mit dem Hinweis gedrückt, dass schlechte Wege den Vorteil hätten, dass die fremden Fuhrleute häufiger liegenbleiben und somit mehr verzehren, also Umsatz bringen. Erst nach dem Alten Fritz geht es mit dem Straßenbau voran.
Unter Friedrich Wilhelm II. und seinen Nachfolgern entstehen unter der Leitung des Generalchausseebauintendanten Graf von Brühl bis 1811 28,25 Meilen Chausseen. Zuerst 1791-1793 die befestigte Straße Berlin-Potsdam, später bis Brandenburg und 1823 bis Magdeburg verlängert. 1806 wird die Chaussee von Potsdam nach Werneuchen befestigt. Die sogenannten "Kunststraßen" werden nach strengen Vorschriften, zu denen in erster Linie ihre Geradlinigkeit zählt, gebaut. 1828 ist der gesamte östliche Teil der "Reichsstraße Nr.1" von Berlin bis Königsberg befestigt. 1870 verfügt die Kurmark Brandenburg bereits über ein Straßennetz von fast 2000 Kilometern Länge.
Unter General-Postmeister Karl Ferdinand Friedrich von Nagler entsteht nach 1821 ein Netz von Schnellposten. So benötigt man 1841 für die Strecke Hamburg-Berlin nur noch 30 Stunden. Die gelb-schwarz gestrichenen Postkutschen sind bereits mit Druckfedern ausgerüstet und befördern sechs bis neun Personen. An den Poststationen stehen zwischen acht und zwölf Pferde bereit, die Straßen werden von Bäumen gesäumt, allein 1754 werden in einer Großaktion 161.000 Bäume, darunter Weiden-, Maulbeer- und Obstbäume neu gepflanzt, mindestens jede Meile steht ein Meilenstein oder eine gußeiserne Meilensäule, geschmückt mit Posthorn und Schleife. Auch Viertel- und Halbmeilensteine werden aufgestellt, denn mit der Gebührenrechnung nimmt es die Post auch schon im 18. Jahrhundert sehr genau.
Ein Brief von Berlin nach Frankfurt/Oder kostet 1 Groschen, nach Hamburg 2 Groschen und 6 Pfennig, nach Italien 6 Groschen und 6 Pfennig. Eine Fahrt von Berlin nach Potsdam kostet 18 Groschen, nach Küstrin 2 Taler, nach Magdeburg 3 Taler 6 Groschen und nach Danzig gar über 12 Taler. Gemessen an den Löhnen, kann es sich das einfache Volk nicht leisten mit der Post zu reisen. Eine Magd verdient 4 Taler, das sind 96 Groschen im Monat. Ein Dorfschullehrer erhält genauso viel, der Sold eines Soldaten liegt bei zwei Talern, die Bezüge eines Hoflakaien liegen bei 36 Talern, die eines Hofmalers bei 400. In der Schnellpost bezahlt 1832 ein Passagier von der Neumark bis Berlin, eine Strecke von 17,75 Meilen oder 133 km, 5 Taler und 9 Silbergroschen. Die Gebühren für Brief-, Paket- und Personenverkehr wurden in der Regel erst am Ziel bezahlt. Oft ein kompliziertes und unzuverlässiges Verfahren. Das ändert sich mit der Einführung der Freimarke am 15.11.1850. Ein Jahr nachdem Bayern die erste deutsche Briefmarke in Umlauf bringt, erscheint die erste preußische Briefmarke. Damit werden die Gebühren im voraus bezahlt. Die Marken ziert ein Profilporträt von König Friedrich Wilhelm IV., oder ein preußischer Adler, oder regionale Heraldik, denn die Briefmarken werden nicht nur von Preußen, sondern auch z.B. von Hamburg oder Oldenburg, oder Lübeck oder anderen Städten und Staaten, die dem 1850 gegründeten deutsch-österreichischem Postverein, später dem Norddeutschen Postbezirk (bis 1871) angehören, vertrieben. Ein Brief von Halle nach Pirna kostet 2 Silbergroschen, einer von Hamburg nach London 7 Schilling, und einer von Köln nach Italien 12 Kreuzer. Brief und Marken werden gestempelt, jetzt auch mit den Stempeln der Bahnpost, denn inzwischen hat die Eisenbahn die Postkutschen überholt und ist dabei sie zu verdrängen.
Mit der Übernahme der Thurn- und Taxis-Post am 1.7.1867 erhebt Preußen Anspruch auf eine gesamtdeutsche Postorganisation. Bereits fünf Monate später, am 31.12.1867, gibt Preußen sein eigenes Briefmarkenbild auf. Gerade mal 17 Jahre haben preußische Briefmarken existiert, die nun, mit Ausnahme der Freimarken für den Innendienst, ihre Gültigkeit verlieren.Jetzt erscheinen Briefmarken des Norddeutschen Postbezirks, der einen Vertrag mit Baden, Bayern, Württemberg, Österreich und Luxemburg geschlossen hat. Im gesamten Bereich gelten einheitliche Inlandstarife. Geistiger Vater und Organisator dieser bahnbrechenden Vereinheitlichung des Postwesens im Vorfeld der deutschen Reichsgründung ist Heinrich von Stephan, zunächst Mitarbeiter im Generalpostamt, ab 1870 preußischer Generalpostdirektor und ab 1878 Generalpostmeister des deutschen Reichs. Stephan ist es auch, der im Postwesen neuen Technologien zum Durchbruch verhilft. 1876 setzt er eine Vereinigung der Reichspost mit der Reichstelegraphenverwaltung durch. Stephan sorgt ähnlich, wie sein Kanzler Bismarck im politischen Feld, dafür, dass die preußische Post in der Reichspost aufgeht und diese zugleich prägt. Am 1.1.1872 erscheinen die ersten Briefmarken der deutschen Reichspost mit dem Reichsadler und dem Wappenfeld der Hohenzollern im Prägedruck. Klebt man sie in Berlin auf einen Brief, erinnert nur noch der Stempel daran, dass es mal eine preußische Post gab..