1. Januar 1683: Brandenburg steigt in den Sklavenhandel ein
In West-Afrika kommen die Brandenburger fast 200 Jahre zu spät. Bereits Ende des 15.Jahrhunderts haben hier bereits die Portugiesen begonnen, Stützpunkte zu errichten. Inzwischen existieren dort außerdem holländische, britische, schwedische, dänische Niederlassungen, die im Verlauf von militärischen Aktionen auch immer wieder den Besitzer wechseln. Die Namen, die die Seefahrer den Küsten geben, bezeichnen, was sie dort ergaunern: Gold-, Elfenbein- Pfeffer- und Sklavenküste.
Am 17.September 1680 stechen erstmals zwei brandenburgische Fregatten Richtung Westafrika in See. Der Irrwitz des Unternehmens wird deutlich, wenn man bedenkt, das allein die Holländer über 16.000 Schiffe verfügen, die Brandenburger über weniger als 20. Anfang des Jahres 1683 beginnen unter Leitung des ostpreußischen Majors Otto Friedrich von Groeben die Arbeiten für den Bau der Festung Groß-Friedrichsburg. Wenige Jahre später existieren drei brandenburgisch-preußische Niederlassungen an der Küste von Guinea.
Zunächst bringt der Handel weniger ein, als er kostet. Der Erlös der Ladung des ersten Schiffes mit afrikanischen Waren ist eher bescheiden. Etwa 29 Kilo Gold=14.453 Taler, 9.800 Elefantenzähne=3.400 Taler, 6.000 Pfund Getreide=rund 457 Taler. Damit sind die kalkulierten Kosten von 44.000 Taler für die nächste Expedition nicht gedeckt. Obgleich die Gewinne später, als die “Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie“ in den Sklavenhandel einsteigt, bedeutend höher sind, wird sich dieses Feld für den Kurfürsten nie rentieren. Im Dreieckshandel Afrika, Amerika, Europa werden Sklaven in Afrika gegen billige Waren eingetauscht, in Amerika teuer verkauft, für den Erlös bringen die Schiffe überseeische Produkte wie Kakao, Zucker, Baumwolle nach Europa, die dort gute Preise erzielen. Schätzungen besagen, dass die “Afrikanische Kompanie“ in 17 Jahren rund 17.000 Afrikaner nach Südamerika verkauft. Die Sklaven erwartet ein schrecklicher Leidensweg. Arretierung, Transport und die Arbeitsbedingungen auf den überseeischen Plantagen kosten vielen das Leben. So ist die schreckliche Bilanz des europäischen Sklavenhandels mit mindestens 50 Millionen Afrikanern zu veranschlagen. Von moralischen Skrupeln des Kurfürsten und seiner Seeleute, sich an der Ausplünderung Afrikas zu beteiligen, ist nichts bekannt und die hohenzollerschen Nachfahren haben diesen dunklen Teil der Geschichte gern verschwiegen.
Die “Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie“, die, nachdem sich der Hafen Pillau als ungeeignet erwiesen, bereits 1684 ihren Hauptsitz in Emden errichtet hat, kommt nie aus den roten Zahlen. 1696 wird unter Friedrich III. Generaldirektor der Marine Raule wegen Misswirtschaft und Bereicherung verhaftet und sein Vermögen von 200.000 Talern eingezogen. Raule, später rehabilitiert, stirbt verarmt in Hamburg. Friedrich, inzwischen König, erklärt 1711 die“Afrikanische Kompanie“ für bankrott. Sein Nachfolger Friedrich Wilhelm I., der “das afrikanische Kommerzienwesen als eine Chimäre“ bezeichnet, beeilt sich, die kläglichen Reste der Flotte und die afrikanischen Besitzungen zu verkaufen. 1717 erwerben die Niederländer die preußischen Stützpunkte in Afrika für 60.000 Dukaten, auf die sie später nochmal 12.000 Dukaten drauflegen. Der realistisch denkende Soldatenkönig schildert nüchtern zwei Gründe für seine Entscheidung:
“Die Erwägung des schlechten Vortheils oder zu sagen des großen Schadens und Verlusts vieler Tonnen Goldes“, und der Aufwand zur Sicherung der Handelswege, der nicht zu leisten ist, "bevorab da man sich auch in Ansehung der gegenwärtigen Conjuncturen keines langwierigen beständigen Friedens zu vermuthen hat, und in Kriegszeiten wegen ermangelnder Escorten mit diesem werk gar nicht fortzukommen ist."