Karte 1618

"Verpreußung" - die Politik Preußens in den polnischen Territorien

Polen - nach der dritten Teilung im Jahre 1795 wird dieses Land zum Symbol für den Kampf eines unterdrückten Volkes gegen die Herrschaft nationaler Großmächte - Rußland, Österreich und natürlich Preußen. Fortan ist in den preußischen Teilungsgebieten „Germanisierung“ und „Verpreußung“ angesagt. Diesem Weg der preußischen Polenpolitik vom Ende des 18. bis ins 20. Jahrhundert ist hier zu folgen, gleichzeitig aber auch dem nationalen Widerstand und nicht zu zerstörenden Wunsch nach Selbständigkeit der Polen. Bereits Friedrich II. hatte in seinem politischen Testament aus dem Jahre 1752 dem polnischen Staat nur eine künstliche Existenz zugestanden und ein baldiges Ende dieses zwischen den Groám„chten zerriebenen Landes prophezeit. „Es würde vielleicht besser sein, dieses Land durch Unterhandlung stückweise zu gewinnen, als durch das Recht der Eroberung. In einem Falle, wo Rußland dringend unseres Beistandes bedürfte, wäre es vielleicht möglich, sich Thorn, Elbing und einen Umkreis abtreten zu lassen, um dadurch die Verbindung von Pommern nach der Weichsel zu erlangen.“ Schon bald erfolgt die Umsetzung dieser Pläne. Nach der Eroberung Schlesiens durch Preußen wird das innenpolitisch zerrissene Königreich Polen durch Rußland, Österreich und Preußen gewaltsam von der Landkarte getilgt und das Gebiet zwischen den drei Mächten aufgeteilt. Das Ideal des preußischen Monarchen von einem aufgeklärten, toleranten Staat ist hier an die Grenzen der Realität gestoßen und den machtpolitischen Interessen des Landes untergeordnet worden.

Die Lage des Königreichs Polen im Jahr 1773

Preußen erhält mit den drei polnischen Teilungen von 1772, 1793 und 1795 die Provinzen Westpreußen und Posen. Während sich die Einbeziehung Westpreußens durch den hohen Anteil von Deutschen noch relativ problemlos gestaltet, sieht das Ganze in Posen doch anders aus. Hier befindet sich die polnische Bevölkerung in der Mehrheit, die sich dem preußischen Untertanengeist widersetzt und aktiv am Aufstand unter Tadeusz Kosciuszko im Jahre 1794 beteiligt. Schuld daran mag eine hemmungslose preußische Territorialpolitik sein, die jedweder Form revolutionärer Bewegung entgegentritt und einen regelrechten „Preußenhaß“ verursacht.

Kosciuszko bei Raclawica

So setzen die Polen alle Hoffnungen auf den neuen Helden aus Frankreich, der 1806 tatsächlich in die polnischen Provinzen eindringt. Auch wenn sich die an ihn geknüpften Hoffnungen und nationalen Leidenschaften nicht erfüllen und Napoleon schließlich unterliegt, so gehen die Polen doch mit einem gestärkten Selbstbewuátsein aus dieser Zeit hervor. Zudem ist Preußen nun zu Reformen und einer Abkehr von der bisherigen Unterdrückungspolitik bereit. Aus diesem Grunde erhält die Provinz Posen 1815 verstärkte Berücksichtigung finden sollen. Diese nominelle Anerkennung der Sonderstellung der polnischen Provinz schlägt sich in einer beschwichtigenden Tendenz nieder. Das Großherzogtum wird nicht länger als Teil der Provinz Südpreußen (1793-1807) einem schematisch bürokratischen Regiment unterworfen, sondern findet in seiner kulturellen, sprachlichen und religiösen Besonderheit verstärkte Berücksichtigung.

Der Wiener Kongreß

So verfolgt die preußische Regierung nun für anderthalb Jahrzehnte eine gemäßigte Polenpolitik, die in engem Zusammenhang mit den Reformvorhaben des Landes steht. Dabei bemüht man sich von staatlicher Seite, die polnische Bevölkerung für sich zu gewinnen und unter Respektierung der nationalen Interessen zu assimilieren, wie es der preußische König 1815 gegenüber seinen polnischen Untertanen formuliert: „Auch ihr habt ein Vaterland... Ihr werdet meiner Monarchie einverleibt, ohne Eure Nationalität übrigen Provinzen meines Reiches eine provinzielle Verfassung erhalten. Eure Religion soll aufrechterhalten..., Eure Sprache soll neben der deutschen in allen öffentlichen Verhandlungen gebraucht werden...“ Die Tendenz zur Vereinheitlichung der preußischen Territorien steht jedoch dieser Toleranzpolitik entgegen und wird 1830 endgültig für beendet erklärt. Denn die Beteiligung von Adligen und Bauern aus der Provinz Posen an dem Novemberaufstand in Kongreßpolen wird vom preußischen Kabinett zum Anlaß genommen, einen schärferen Ton anzuschlagen und den Sonderstatus aufzuheben.

Friedrich Wilhelm III. von Preußen

Durch diesen Wandel gerät Preußen in Gegensatz zur liberalen öffentlichen Meinung, die von einer lebhaften „ Polenbegeisterung“ erfaßt wird. Gerade deutsche Liberale und Demokraten setzen sich mit großer Sympathie und heftigem Gefühlsüberschwang für die nationale Einheit Polens ein, doch ist ihre Haltung zumeist von einem Mangel an Realitätsbewußtsein gekennzeichnet, die zu einem baldigen Umschlag führt. Auf polnischer Seite entsteht durch die erzwungene Staatenlosigkeit und nun eintretende Hoffnungslosigkeit die Tendenz zum Mystizismus und Märtyrertum, die sich in einem überhöhten missionarisch-nationalen Selbstbewuátsein niederschlägt. Hauptvertreter dieser Strömung sind die Mitglieder der „Großen Emigration“, die sich nach der Niederschlagung des Aufstands nach Paris aufmachen und dort ein Zentrum polnischer Emigranten bilden. Namenhafte Vertreter sind dabei vor allem die großen polnischen Dichter Adam Mickiewicz und Julius Slowacki.

Adam Mickiewicz

Die Dissonanz zwischen der Verschmelzung Polens mit den preußischen Teilungsgebieten auf der einen und dem nationalen Sonderwillen auf der anderen Seite kennzeichnen fortan die weiteren Auseinandersetzungen. Prägende Gestalt ist dabei zunächst der 1830 zum neuen Oberpräsidenten von Posen ernannten Eduard von Flottwell, der es sich zur Aufgabe macht, Elemente des deutschen Lebens zu stärken und gleichzeitig die polnischen Bauern und Bürger für sich zu gewinnen. Dabei setzt er vor allem auf die Vermittlung von deutscher Kultur und Bildung, so in dem 1832 erlassenen Sprachregulativ, mit dem er die deutsche Amtssprache hervorhebt, sich daneben aber auch für die Hebung der allgemeinen Bildung einsetzt. Der mäßige Erfolg dieser Politik zeigt sich unter anderem in der Auseinandersetzung mit dem Erzbischof Marcin Dunin-Sulgustowski von Gnesen-Posen um die sog. „Mischehen“, in dessen Verlauf der Kirchenmann verhaftet wird, auf Druck der Bevölkerung jedoch wieder entlassen werden muß. Der Widerstandsgeist der Polen ist somit offensichtlich ungebrochen. Dies erweist sich insbesondere im Jahre 1848, als in ganz Europa revolutionäre Unruhen ausbrechen und auch Polen von der Hoffnung auf nationale Befreiung wieder entflammt wird. So ruft der Prozeß gegen aufständische Polen im Jahre 1847 zunächst die Polenbegeisterung deutscher Liberaler erneut hervor, wie es Friedrich Engels in London emphatisch formuliert:

„Wir deutschen Demokraten haben ein besonderes Interesse an der Befreiung Polens.... Uns Deutschen, uns deutschen Demokraten, muß vor allem daran liegen, diese Flecken von unserer Nation abzuwaschen. Eine Nation kann nicht frei werden und zugleich fortfahren, andere Nationen zu unterdrücken. Die Befreiung Deutschlands kann also nicht zustande kommen, ohne daß die Befreiung Polens von der Unterdrückung durch Deutsche zustande kommt.“

Dieser Standpunkt findet jedoch schon bald keine allgemeine Zustimmung mehr. Denn auf preußischer Seite erhofft man sich vielmehr einen gemeinsamen Kampf von Deutschen und Polen für die Schaffung der nationalen Einheit.

Polnischer Freiheitskämpfer

So faßt die Konstituierende Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche am 27. Juli 1848 mehrheitlich den Beschluß, den größeren Teil des Großherzogtums Posen in das Gebiet des Deutschen Bundes einzuverleiben, ohne dabei auf die nationalen Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Das Ende der Polenbegeisterung deutscher Liberaler und Demokraten ist gekommen - der Gedanke deutscher Machtpolitik hat über das Prinzip der nationale Selbstbestimmung die Oberhand gewonnen. Wesentliches Ergebnis der Ereignisse um das Revolutionsjahr 1848 ist somit eine schärfere Polarisierung zwischen Deutschen und Polen, die erstmals von einer ausgeprägt antideutschen Stimmung erfaßt werden. Vielleicht gerade aus diesem Grunde bemüht sich die preußische Regierung in der Folgezeit um einen versöhnlichen Ton gegenüber den polnischen Provinzen. So erfolgt im Zeichen der Restauration eine weitgehend an Einzelfragen ausgerichtete Polenpolitik ohne einheitliche Linie oder dogmatische Ausrichtung. Dazu mag ebenfalls beigetragen haben, daá die polnische Frage bis in die sechziger Jahre hinein keine entscheidende Rolle in der preuáischen Innenpolitik spielt. Erst der Januaraufstand von 1863 im russischen Teilungsgebiet verursacht einen Umschwung und veranlaßt den neuen preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck zu seiner ersten großen Polenrede im preußischen Landtag. Darin verurteilt er die „Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern“. Zu diesen Nationalbestrebung gehört auch die Unterstützung von Trauerfeiern und nationalen Gedenkgottesdiensten, wie es der Posener Erzbischof Leon Przyluski praktiziert und dafür nach Intervention Bismarck nach Rom abberufen wird. Sein Nachfolger Graf Mieczyslaw Halka-Ledochowski verbietet dagegen das Singen nationaler Lieder oder die politische Agitation des Klerus, doch wird gerade er im Kulturkampf mit Bismarck in den schärfsten Konflikt geraten.

Kulturkampf

Vor dieser Auseinandersetzung erfolgt jedoch erst einmal die Gründung des Deutschen Reiches. Vorbereitet durch die Schaffung des Norddeutschen Bundes nach dem Sieg über Dänemark und Österreich holt der preußische Staat zum großen Schlag aus und siegt im deutsch-französischen Krieg über das Nachbarland. Die Reichsgründung im Spiegelsaal von Versailles im Jahre 1871 bedeutet nicht nur die Schaffung eines deutschen Nationalstaates, sondern stellt auch einen Wendepunkt in der preußischen Polenpolitik und der polnischen Haltung gegenüber dem preußischen Staat dar. Denn trotz Protesten der polnischen Abgeordneten werden die Provinzen Posen und Westpreußen ins deutsche Reichsgebiet eingegliedert, ohne dabei ihre nationalen Interessen zu berücksichtigen. Das Problem Preußens mit den polnischen Provinzen wird nun zur nationalen deutsch-polnischen Frage, das Klima zwischen Deutschen und Polen rauher. Bereits 1863 hatte Bismarck mit der militärischen Hilfeleistung für Rußland bei der Niederschlagung des Januaraufstandes unter Beweis gestellt, daß er zu keinerlei Zugeständnissen in der Polenfrage bereit sei. Sein Kampf gegen die „ Reichsfeinde“ nach 1871 umfaßt daher nicht nur Maßnahmen gegen sozialrevolutionäre Tendenzen, sondern auch die nationalen Sonderbestrebungen im Reich, zu denen vor allem die Polen zu zählen sind. Vor diesem Hintergrund ist der von Bismarck in den siebziger Jahren inszenierte „Kulturkampf“ zu betrachten, der sich in bezug auf Polen im Besonderen gegen den katholischen Klerus richtet. Der Entzug der Schulaufsicht und zahlreiche Verhaftungen von Geistlichen der römisch-katholischen Kirche mobilisieren breite Schichten der polnischen Bevölkerung und verstärken die antideutsche Haltung. Diese Frontstellung kann auch der preußischen Regierungsseite nicht gänzlich unbekannt bleiben und so entwirft ein Bromberger Regierungspräsident 1885 in seiner Denkschrift ein sehr kritisches Bild der Situation in der Provinz Posen: „Man muß sich vor allen Dingen der Illusion entschlagen, daß es möglich sei, die polnischen tonangebenden Kreise durch Konzessionen irgendwelcher Art zu gewinnen... Die Polen besitzen volles Verständnis für eine zielbewuáte und rücksichtslose Politik; in jedem Entgegenkommen der Machthaber aber erblicken sie nur ein Zeichen der Schwäche... Die Polen wollen kein friedliches, gleichberechtigtes Zusammenleben mit den Deutschen. Sie wollen Hammer oder Amboß sein.“

Kulturkampf

Diese Stimmung ist nicht ganz unerheblich für die atmosphärische Situation in Deutschland, schließlich stellen die Polen mit einem Anteil von 10% an der preußischen Bevölkerung die größte nationale Minderheit im Reich dar. Daher muß Bismarck gegen Ende der siebziger Jahre seinen Kulturkampf einstellen, die germanisierende Sprachenpolitik wird jedoch fortgeführt. Das dahinterstehende Streben nach nationalstaatlicher Homogenität wird dabei vor allem von dem Glauben an die Wirksamkeit einer bewuáten sprachlich-kulturellen Germanisierung geprägt, der jedoch den wirtschaftlich-sozialen Wandel innerhalb der polnischen Bevölkerung nicht Rechnung trägt. So stimmt das Bild vom fügsamen polnischen Untertanen schon lange nicht mehr mit der Realität des entstehenden Bauern- und Bürgerstand berein, der sich zunehmende Unabhängigkeit von der preußisch-deutschen Obrigkeit verschafft und sich sowohl wirtschaftlich als auch sozial rasch emanzipiert. Auch wenn diese Stärkung nationalen Selbstbewußtseins der Polen Bismarck und seiner Regierung nicht verborgen bleibt, setzt man doch weiterhin auf eine restriktive Germanisierungspolitik, so zum Beispiel in der Bevölkerungs- und Bodenpolitik. Durch die starke Abwanderung nach Westen sieht man sich von 1885 bis 1887 zu polnischen Massenausweisungen gezwungen, die nicht gerade zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Deutschen und Polen beitragen. Daneben rufen der Aufkauf und die Bewirtschaftung von polnischen Gütern durch deutsche Siedler massive Proteste hervor und stärken den nationalen Widerstand in Posen und Westpreußen. Diese unter dem Stichwort „Ostmarkenpolitik“ erfolgende Verschärfung zeigt insgesamt geringe Wirkung und ist vielmehr als ein Zeichen der Machtlosigkeit der preuáisch-deutschen Politik gegenüber dem unerschütterlichen Widerstandsgeist der Polen zu betrachten. So erweist sich Bismarcks Polenpolitik mit der Unterdrückung jeglicher Selbständigkeitsbestrebungen schließlich als Fehlschlag, ebenso wie der Kampf gegen die Sozialdemokraten und das Zentrum. Seine Entlassung im Jahre 1890 ist aber nicht in diesem Zusammenhang zu sehen.

Noch ist Polen nicht verloren

Seine Nachfolger Georg Leo Graf von Caprivi schlägt aber einen „Versöhnungskurs“ ein, der den Polen zwischen 1890 und 1894 einige Lockerungen bringt, so zum Beispiel die Zulassung von privatem Polnischunterricht.

Nach Ende der Amtszeit Caprivis erfolgt jedoch wiederum eine Verschärfung der Polenpolitik, die im Zusammenhang mit der verstärkten Expansionspolitik des Deutschen Reiches und dem wachsenden Nationalismus zu sehen ist. Daher bemühen sich der Alldeutsche Verband oder der Deutsche Ostmarkenverein um eine Beeinflussung der öffentlichen Meinung in antipolnischer Richtung. <

Georg Leo Graf von Caprivi

Mit dem Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten Berhard von Bülow beginnt ab 1900 eine neue Phase der Germanisierungspolitik. Gestützt auf die Empfehlungen des Ostmarkenvereins setzt er sich für eine Verschärfung der Polenpolitik ein und präsentiert Kaiser und Kabinett entsprechende Vorschläge, so zur Fortsetzung der Ansiedlungspolitik oder der Untersttzung des deutschen Mittelstandes zur Stärkung und Erhaltung des Deutschtums. Die Realität der wachsenden ökonomisch-sozialen und national-politischen Aktivit„ten der Polen bleiben dabei weitgehend unberücksichtigt, die Fragen nach einer politischen Lösung des deutsch-polnischen Verhältnisses weitgehend unbeantwortet. Die Gründe für diesen rigiden Antipolenkurs sind vor allem in der Bedeutung der polnischen Provinzen für den preußischen Staat zu suchen. Schließlich stellt Westpreußen die Landverbindung nach Ostpreußen her, Posen wiederum die Verbindung zwischen Ostpreußen und Schlesien und rückt zugleich die Grenze zwischen Preußen und Rußland von Berlin in weite Ferne. Eine Wiederherstellung des polnischen Staates erscheint daher als existentielle Bedrohung Preußens und seiner Machtposition.

Aus diesem Grunde wird der von Bülow eingeschlagene Kurs bis in die Zeit des Ersten Weltkrieges fortgeführt, noch verstärkt durch die industriellen Großmachtpläne und den Kampf Deutschlands um den „Platz an der Sonne“. Die polnische Bevölkerung wird trotz formaler juristischer Gleichberechtigung auf allen Ebenen benachteiligt, sei es in der Schulpolitik, der Sprachwahl oder der Vergabe staatlicher Fördermaßnahmen. Dennoch beweisen die Polen eine erstaunliche Fähigkeit, auch ohne staatliche Einheit ihre Nationalität zu erhalten, sowohl in politischer, wirtschaftliche und kultureller Hinsicht ihre nationale Identität zu bewahren. Dies erweist sich insbesondere in der Zeit des Ersten Weltkrieges, als deutsche Truppen nach Osten vordringen und die Annexions- und Germanisierungspolitik des preußisch-deutschen Staates mit militärischen Mitteln fortsetzen.

Diese Pläne scheitern, und so bringt die Niederlage des Deutschen Reiches den Polen endlich die ersehnte Wiederherstellung ihres Staates. Nach der Verkündung der Unabhängigkeit durch den polnischen Regentschaftsrat wird Polen am 11. November 1918 zur Republik ausgerufen. Der Traum der polnischen Patrioten ist erfllt .

Für Deutschland bedeutet diese Unabhängigkeit den Verlust eines Großteils der ehemals polnischen Landesteile. Die Rückgewinnung dieser Gebiete – aber auch anderer - wird daher zum Gegenstand der Forderung nach Grenzrevision aller Regierungen der Weimarer Republik und natürlich vor allem Hitlers. Durch die Okkupation durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges wird dieses Ziel kurzfristig umgesetzt, die polnische Bevölkerung teilweise ermordet oder deportiert.

Nach der Besetzung der Ostgebiete des Deutschen Reiches durch die Rote Armee und der „Westverschiebung“ Polens wurden Ost- und Westpreußen, Hinterpommern, Schlesien, und Neumark von Polen annektiert, der ganz überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung vertrieben. Bei der Vertreibung und den damit verbundenen Zwangsmaßnahmen sterben weit über eine Million Menschen.

Die Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen Deutschland in Polen im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung und die endgültige Anerkennung der „Oder-Neisse-Grenze“ schlägt ein neues, hoffentlich friedliches Kapitel in der deutsch-polnischen Geschichte auf.

Bernhard von Bülow