Karte 1866

Nationalismus

Ein übersteigertes Nationalgefühl, das nur die Macht und Größe der eigenen Nation gelten läßt und daher oft zur Unterdrückung und Mißachtung anderer Nationen führt. Nationalismus tritt unter wechselnden historischen, politischen und sozialen Bedingungen in vielen Formen auf und ist weder an bestimmte Gesellschafts- noch Staatsformen gebunden. In Europa läßt sich Nationalbewußtsein spätestens seit der Renaissance nachweisen. Es gewinnt seit der Französischen Revolution 1789 mehr und mehr an Bedeutung. Das Nationalbewußtsein der Länder, die noch keinen eigenen Nationalstaat besaßen, orientierte sich zunächst an der Sprache und Kultur, der Abstammung sowie ihrer historischen Rolle im Verhältnis zu anderen Völkern und führte zu den Nationalstaatsgründungen des 19. und 20. Jh. Das deutsche Nationalbewußtsein entsteht 1813/14 in den Befreiungskämpfen gegen Napoleon und führt über die Versuche von 1848 schließlich 1871 zur Reichsgründung. Der Nationalismus, der die eigene Nation absolut setzt und damit die Existenz anderer Nationen bedroht, ist charakteristisch für den Imperialismus und für die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Eine besonders aggressive Variante stellt der Nationalsozialismus dar, der Nationalismus und Rassismus verbindet und darin Rechtfertigungen der Unterwerfung und Ausbeutung, ja Ausrottung anderer Nationalitäten findet.