August Graf Neidhardt von Gneisenau
27.10.1760 in Schildau
23.8.1831 in Posen
Gneisenau wurde am 27.10.1760 als Sohn eines adeligen Bauinspektors in Schildau bei Torgau (Schlesien) geboren. Er wuchs in dem großbürgerlichen Haus seines Großvaters mütterlicherseits in Würzburg auf. Nach dem Abbruch eines Studiums wurde er Soldat und fuhr 1782 mit einem ansbachischen Regiment nach Nordamerika, wo der Krieg bei seinem Eintreffen jedoch schon zu Ende war. Drei Jahre später wurde er in die preußische Armee aufgenommen.
Nach der Niederlage bei Jena 1806 wurde er als Verteidiger von Kolberg bekannt, was ihm den Aufstieg in die Führungsschicht der neu aufzubauenden preußischen Streitkräfte ermöglichte. Seine zahlreichen reformerischen Tätigkeiten umfassten die Untersuchung des Zusammenbruchs von 1806/07, die Reorganisation des Heeres, die Inspektion der Festungen, Ausarbeitung eines neuen Exerziereglements sowie die Reorganisation des Artillerie- und Ingenieurdepartements. In Denkschriften vertrat er seine Forderungen nach Wahrung der Menschenwürde durch die Abschaffung der Prügelstrafe (die sog. Rückenfreiheit) und des Zwangs zum Tragen eines Zopfes und nach der Einführung des Felddienstes anstelle von übermäßigem Exerzieren. Er drang auf eine Neuorganisation der Armee, wie sie die Revolutionierung der Kriegführung durch die französischen Revolutionsheere und Napoleon notwendig gemacht hatte. Dazu gehörte eine enge an Frankreich zu beobachtende Verbindung zwischen Volk und Armee: zum einen sollte das adelige Offiziersprivileg abgeschafft werden, zum andern sollten alle wehrfähigen Bürger durch die allgemeine Wehrpflicht und die Einführung der Landwehr an der Verteidigung des Vaterlandes teilnehmen und somit auch zu politischer Teilnahme erzogen werden.
Unzufrieden mit dem preußischen Verhalten während des österreichisch-französischen Krieges 1809 nahm er vorübergehend seinen Abschied, wurde aber nach einem kurzen Englandaufenthalt in geheimen Beratungen weiterhin zu den Reformen hinzugezogen. 1812 war er auf diplomatischen Missionen bei verschiedenen Mächten, ehe er nach der Konvention von Tauroggen wieder in die preußische Armee eintrat. In den Befreiungskriegen hatte er in hohen Positionen in der Armee Blüchers großen Anteil an siegreichen Schlachten, etwa bei Waterloo, war aber enttäuscht, nie ein eigenes Kommando zu erhalten. Schule gemacht hat seine damals umgesetzte Forderung, den besiegten Gegner in jedem Fall zu verfolgen und zu vernichten, was in der Jahrhunderten zuvor, als Soldaten Söldner waren und Krieg in erster Linie eine Frage des Geldes, fast undenkbar geworden war.
Nach dem Krieg wurde er kommandierender General in Koblenz, trat aber schon nach einem Jahr zurück, da der liberal gesinnte Gneisenau konservativen Kreisen verdächtig war. Danach hatte er einige hohe, aber eher repräsentative Stellungen inne. 1830/31 wurde er während der Aufstände in Polen Oberbefehlshaber der preußischen Oberservationsarmee. Dabei erkrankte er an der Cholera und starb am 23.08.1831 in Posen.