Friedrich Ebert
4.2.1871 in Heidelberg
28.2.1925 in Berlin
Sattler
SPD
11.2.1919 bis 28.2.1925 Reichspräsident
Der spätere erste Reichspräsident der deutschen Republik wurde am 4. Februar 1871 in Heidelberg geboren - wenige Wochen, nachdem in Versailles mit der Proklamation von Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser das Deutsche Reich entstanden war. Sein Vater Karl Ebert war Schneidermeister, seine Mutter Katharina die Tochter eines Bauern. Die kinderreiche Familie lebte in wirtschaftlich einigermaßen stabilen, aber sehr beengten Verhältnissen in der Heidelberger Altstadt. Nach dem Besuch der achtklassigen Volksschule begann der 14-jährige Ebert 1885 eine Lehre als Sattler und geriet dadurch in die typische Situation des Jugendlichen im Handwerkermillieu, der mehr als billige Arbeitskraft denn als Auszubildender angesehen, und dem bei gleichzeitigem sehr geringen Wissensangebot „Faulheit“ vorgeworfen wurde. Gegen den Willen der Eltern brach der junge Ebert seine Ausbildung kurz vor Ende der Lehrzeit (1888) ab, weil er vom Meister geschlagen wurde.
Auf die Lehrzeit folgte ein Wanderleben, wie es damals für Handwerksgesellen üblich war, das bei Friedrich Ebert jedoch eine etwas andere Wendung erfuhr. Über Karlsruhe und München kam er 1889 zu einem Onkel nach Mannheim, der ihn in seiner Sozialkritik bestärkte und zum Eintritt in die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) bewegte, deren Betätigung per Sozialistengesetz von 1878 „wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ noch immer verboten war. De facto arbeitete Friedrich Ebert im Untergrund, wenn er sich für die Partei engagierte. Er wich auf die etwas unverfänglichere gewerkschaftliche Vorform des Fachverbandes aus, wurde dennoch häufig von der Polizei abgemahnt und musste ebenso oft den Wohnort wechseln. In Kassel, Braunschweig, Elberfeld-Barmen, Remscheid, Quakenbrück und Bremen gründete und leitete er örtliche Zahlstellen des Sattlerverbandes, in Hannover wurde er dessen Schriftführer. 1890 wurde das Sozialistengesetz aufgehoben, die SAPD gründete sich als Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) neu. 1891 ging Friedrich Ebert nach Bremen, wurde Vorsitzender der Filiale des Sattlerverbandes und des Gewerkschaftskartells, finanzierte seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten, war 1893 Lokalredakteur der "Bremer-Bürgerzeitung" und heiratete 1894 die Arbeiterin Louise Rump, mit der er in Bremen ein Gasthaus pachtete, das sich schnell zum örtlichen Zentrum gewerkschaftlicher und politischer Aktivität entwickelte. Noch im selben Jahr wurde er zum Vorsitzenden der Bremer SPD gewählt. 1900 wurde Friedrich Ebert in die Bremer Bürgerschaft gewählt und erhielt zum ersten Mal eine bezahlte Stelle als Arbeitersekretär der Gewerkschaft. Als Präsident des 1904 in Bremen tagenden Parteitages der SPD wurde er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. 1905 wurde er als Sekretär in den Vorstand der SPD gewählt und siedelte mit seiner Familie im Dezember nach Berlin über.
Mit 34 Jahren war Friedrich Ebert das jüngste Mitglied im Parteivorstand und seine Tätigkeiten waren zunächst vor allem organisatorischer Natur. Später übernahm er weitere Aufgaben, zum Beispiel als Schlichter in Parteistreitigkeiten, was ihm wegen seines pragmatischen, auf Interessenausgleich bedachten Politikverständnisses sehr lag. Seit 1908 leitete Friedrich Ebert zudem die „Zentralstelle für die arbeitende Jugend Deutschlands", die von SPD und Gewerkschaften getragen wurde. Bei den Reichstagswahlen im Januar 1912 war Friedrich Ebert der Kandidat des Wahlkreises Elberfeld-Barmen, dem heutigen Wuppertal, und erhielt ein Reichstagsmandat. Er gehörte damit zu den 110 Sozialdemokraten, die unter den insgesamt 397 Abgeordneten des Reichstages die stärkste Fraktion stellten. 1913 wurde Friedrich Ebert nach dem Tod des Parteigründers August Bebel auf dem Parteitag in Jena zum Parteivorsitzenden neben dem Königsberger Rechstanwalt Hugo Haase gewählt, der dieses Amt bereits seit 1911 innehatte. Der Parteitheoretiker Karl Kautsky kommentierte Eberts Wahl skeptisch: "Er ist sicher ein Mann von großer Intelligenz und Tatkraft, dabei aber sehr herrisch und eifersüchtig, und, wie mich dünkt, in nicht rein proletarischen Dingen etwas beschränkt." Das war dünkelhaft gedacht, und es deutete sich darin bereits an, dass die spätere Polemik vor allem auch auf die mangelnde Bildung des Autodidakten Ebert zielte. Im Sommer 1914 befürwortete Friedrich Ebert die Kriegskredite, während Hugo Haase sie ablehnte. In der Reichstagssitzung vom 4. August 1914 stimmte die SPD den Kriegskrediten zu. Im Januar 1916, nach dem Rücktritt Haases, wurde Ebert neben Philipp Scheidemann Vorsitzender der SPD-Reichstagsfraktion. Aufgrund seines Vorsitzes in Parteivorstand, Parteiausschuss und Reichstagsfraktion gewann er maßgeblichen Einfluss in der SPD, der weiter wuchs, nachdem sich 1917 der linke Flügel der Partei wegen Differenzen in der Frage der Kriegskredite abgespalten hatte. Friedrich Ebert, der in Übereinstimmung mit seiner Partei für einen "Frieden ohne Annexionen" eintrat, war Leiter der SPD-Delegation, die im Juni 1917 zu Vorgesprächen für Friedensverhandlungen nach Stockholm reiste, doch scheiterte die Konferenz bereits vor Beginn an Meinungsverschiedenheiten in der Frage der Kriegsschuld. Die Familie Ebert verlor im Krieg zwei der vier Söhne.
1918 gehörte Friedrich Ebert bei Ausbruch der Berliner Januarstreiks, in dem über 200 000 Arbeiter aus Protest gegen den Krieg ihre Arbeit niederlegten, zur Streikleitung und bemühte sich auch dort um Ausgleich. Er setzte sich für eine schnelle Beilegung des Ausstands ein und wurde von links als "Arbeiterverräter" und von rechts als "Landesverräter" beschimpft. Zwar war mit den verfassungsändernden Gesetzen im Oktober desselben Jahres ein Hauptziel der Sozialdemokraten, die Parlamentarisierung, erreicht, doch trat Friedrich Ebert zunächst für den Erhalt der Monarchie ein, bevor er zu der von Prinz Max von Baden überlieferten Einsicht kam: "Wenn der Kaiser nicht abdankt, dann ist die soziale Revolution unvermeidlich. Ich aber will sie nicht, ja, ich hasse sie wie die Sünde". Am 9. November verkündete Prinz Max von Baden eigenmächtig die Abdankung des Kaisers Wilhelm II. und übertrug Friedrich Ebert als Führer der stärksten Reichstagspartei das Amt des Reichskanzlers. Dem Rat der Volksbeauftragten, der sich am nächsten Tag bildete, gehörte auch Friedrich Ebert an, der für sofortige Wahlen zur Nationalversammlung eintrat. Sein Bündnis mit der Obersten Heeresleitung (OHL) unter General Wilhelm Groener sollte die Revolution eindämmen und die Frage der Staatsform der Nationalversammlung überlassen. Am 6. Februar 1919 eröffnete Friedrich Ebert als Vorsitzender des Rates der Volksbeauftragten die Nationalversammlung in Weimar, die ihn zum vorläufigen Reichspräsidenten wählte. Der Reichspräsident Friedrich Ebert, der ganz von den Aufgaben der unmittelbaren Nachkriegssituation eingenommen war, stellte dringende Reformen zurück und unterstützte das gewaltsame Vorgehen des Reichswehrministers Gustav Noske gegen streikende, demonstrierende und revoltierende Arbeiter.
Die Gegnerschaft von rechts und die Macht der Reichswehr präsentierte sich 1920 im „ Kapp-Putsch“, vor dem die Regierung, und mit ihr Friedrich Ebert, kurzfristig nach Dresden und nach Stuttgart ausweichen musste. Von der Reichswehr und ihren Anhängern wurde der Reichspräsident den " Novemberverbrechern" zugerechnet, die Schuld sowohl am Ausgang des Krieges ("Dolchstoßlegende") als auch am Versailler Vertrag und seinen Bedingungen ("Schmachfriede") seien. Bei so viel Feindschaft war nicht zu hoffen, daß der Reichspäsident bei einer Wahl vom Volk bestätigt worden wäre, wie es die Weimarer Verfassung eigentlich vorsah. Der erste Reichspräsident aus dem Volk war nicht vom Volk gewählt worden. Im Oktober 1922 verlängerte der Reichstag seine Amtszeit mit verfassungsändernder Mehrheit bis zum 23. Juni 1925. Im Herbst 1923 verschärfte sich die Krise der Republik mit dem Separatismus Sachsens unter Führung der KPD und dem Putschversuch der NSDAP unter Führung Adolf Hitlers in München. Aus Protest gegen die Ungleichbehandlung von Sachsen und Bayern verliessen die sozialdemokratischen Mitglieder das Kabinett Gustav Stresemann. Die SPD schied damit bis 1928 aus der Regierung aus.
Als höchster Amtsträger der Republik wurde Friedrich Ebert Zielscheibe bösartiger Karikaturen und Behauptungen, die er sehr persönlich nahm und als Verleumdung und Beleidigung strafrechtlich verfolgen ließ. Von den mehr als 170 Prozessen, die er gegen seine Ehrenschänder führte, sollte ihn der letzte das Leben kosten. Bei dem Versuch, sich gegen die Unterstellung zur Wehr zu setzen, er habe durch seinen Eintritt in die Streikleitung bei den Streiks im Januar 1918 "Landesverrat" begangen, fand sich in Magdeburg im Dezember 1924 ein Richter, der die Auffassung im strafrechtlichen Sinne bestätigte. Friedrich Ebert, den dieser Richterspruch vielleicht mehr kränkte, als er bei seiner Stellung als Reichspräsident notwendig gewesen wäre, ging in Berufung, worüber er den ärztlichen Rat vernachlässigte und am 28. Februar 1925 im Alter von 54 Jahren an einer zu spät operierten Blinddarmentzündung starb. Er wurde in Heidelberg beerdigt. Noch im Jahr seines Todes wurde ihm zum Gedenken die Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD gegründet.