20. Juli 1944: Attentat auf Hitler
Am frühen Morgen des 20. Juli fliegt Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg von Berlin zum Führerhauptquartier „ Wolfschanze“ bei Rastenburg in Ostpreußen. Als Chef des Stabes soll er dort unter anderem Hitler Bericht erstatten. Dieser Anlass ist Gelegenheit zum Attentat. Stauffenberg reist zusammen mit seinem Adjudanten Werner von Haeften, der den Sprengstoff bei sich führt. Vor der Besprechung mit Hitler bittet Stauffenberg, sich umziehen zu dürfen. Da er als Einhändiger Hilfe benötigt, kann er gemeinsam mit seinem Offizier die Aktentasche mit der Sprengladung vorbereiten. Von Hinzukommenden gestört, kann er jedoch nur ein Kilogramm Sprengstoff statt der geplanten doppelten Menge deponieren. Stauffenberg hofft nur noch auf sein Glück, als er die Besprechung zum telefonieren verlässt.
Gegen 12.45 Uhr explodiert die Bombe, vier Personen werden getötet, fast alle Anwesenden erleiden Verletzungen. Hitler selbst wird nur leicht verletzt, da ihn der schwere Kartentisch schützt. Stauffenberg der die Explosion noch am Ort beobachtet, fliegt in der festen Überzeugung, das Attentat sei gelungen, nach Berlin. Unter dem Stichwort „Walküre“ sollen sofort alle Partei-, SS- und Gestapodienststellen von der Wehrmacht besetzt werden. Stauffenbergs Mitverschwörer in Berlin sind jedoch nur halbherzig bei der Sache und es ist nicht klar, ob sie im Ernstfall die nötige Autorität für die Ausführung des Plans an den Tag legen. Somit ist Stauffenberg in Berlin genauso wichtig wie im Führerhauptquartier. Hier muss er bei seiner Ankunft gegen 16.30 Uhr im Bendlerblock (Berlin- Tiergarten), dem Oberkommando des Heeres und Sitz der Verschwörerzentrale, feststellen, dass außer der Alarmierung der Truppen des Ersatzheeres, welches die militärische und vollziehende Gewalt in Deutschland übernehmen soll, nichts geschehen ist. Klare Nachrichten über den Ausgang des Attentats fehlen. Erst jetzt und zu spät verlassen die Befehle für den Staatsstreich Berlin, sie werden jedoch sofort von der „Wolfschanze“ widerrufen. In Berlin scheitert die Abriegelung des Regierungsviertels in der Wilhelmstraße; die Ausschaltung des Rundfunks in Charlottenburg misslingt ebenso wie die Verhaftung der SS in Lichterfelde und die Besetzung der Gestapo-Zentrale in der Prinz-Albrecht-Straße. Noch vor Mitternacht gewinnen Anhänger des Regimes die Oberhand. Im Hof des Bendlerblocks werden die Häupter der Verschwörung, Stauffenberg, Oberleutnant Werner von Haeften, General Friedrich Olbricht und Oberst Albrecht Mertz von Quirnheim standrechtlich erschossen, Generaloberst Ludwig Beck begeht Selbstmord.
Neben Stauffenberg gehörte Henning von Tresckow zu dem Kreis der Verschwörer. Er ist am entschiedensten für die Beseitigung Hitlers eingetreten und hat selbst zwei fehlgeschlagene Attentatsversuche organisiert. Unter den Mitstreitern, die Stauffenberg und Tresckow für den Widerstand gegen das Hitler-Regime gewinnen konnten, befinden sich viele Angehörige preußischer Adelsfamilien. Neben Tresckow selbst, dessen Vorfahren als Generäle für die Preußenkönige gekämpft hatten, z. B. Peter Graf Yorck von Wartenburg, Carl-Hans Graf von Hardenberg-Neuhardenberg, Fritz Dietloff Graf von der Schulenburg, Ulrich-Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld, Heinrich Graf von Lehndorff und andere. Zum engen Kreis des militärischen Widerstandes gehören allein 20 Offiziere des traditionsreichen Potsdamer Infanterie-Regiments 9, das wegen der preußisch-aristrokratischen Gesinnung des Offizierskorps “Graf Neun“ genannt wird.
Am Ende kann man wohl nicht von einem “preußischen Widerstand“ gegen die Nazi-Herrschaft sprechen, sondern nur von couragierten und vorbildlichen Persönlichkeiten wie Henning von Tresckow, die für das andere, das gute, das tugendhafte Preußen stehen. Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der Kopf des 20. Juli, stammte aus einer bayerischen Adelsfamilie. Im Augenblick seiner Erschießung im Berliner Bendlerblock in der Nacht nach dem Attentat und dem gescheiterten Umsturzversuch ruft der Offizier: “Es lebe das heilige Deutschland!“. Der untergegangene Staat Preußen bildete für die Verschwörer des 20. Juli keine Bezugsgröße, mögen die Motive ihres Handels auch als preußisch tugendhaft bezeichnet werden.