18. Februar 1943: Goebbels mobilisiert das letzte Aufgebot
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels hält im Berliner Sportpalast eine Rede, in der er „den Kampfwillen von Front und Heimat“ herausfordert. Das geladene Publikum stellt angeblich einen Querschnitt der Bevölkerung dar, um der theatralischen Propagandaschau den Anstrich einer Volksabstimmung geben zu können. Im Verhältnis zu anderen politischen Veranstaltungen war der große Saal des Sportpalastes nur wenig geschmückt. Zwischen den Stuhlreihen befand sich ein Mittelgang, die Rednertribüne war mit Hakenkreuzfahnen geschmückt, dahinter an der Wand das einzige Spruchband: „Totaler Krieg - kürzester Krieg“. Goebbels stellt in seiner Rede die vom Rundfunk übertragen wird, den Anwesenden zehn Fragen, die sie mit frenetischem Beifall bejahen.
„Erstens: Die Engländer behaupten, das deutsche Volk habe den Glauben an den Sieg verloren. Ich frage euch: Glaubt ihr mit dem Führer und mit uns an den endgültigen totalen Sieg des deutschen Volkes? Ich frage euch: Seid ihr entschlossen, dem Führer in der Erkämpfung des Sieges durch dick und dünn und unter Aufnahme auch der schwersten persönlichen Belastung zu folgen?...Viertens: Die Engländer behaupten, das deutsche Volk wehrt sich gegen die totalen Kriegsmaßnahmen der Regierung. Es will nicht den totalen Krieg, sondern die Kapitulation. Ich frage euch: Wollt ihr den totalen Krieg? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler, radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch vorstellen können?“
Alle weiteren Fragen verlangen von jedem einzelnen bedingungslose Hingabe und Gehorsam. Sie gelten der Bereitschaft zur Arbeit, dem Vorgehen gegen „Schieber und Drückeberger“ und der solidarischen Volksgemeinschaft.
Goebbels Rede gipfelt im Aufruf zur unbedingten Gefolgschaft Adolf Hitlers. Sein Ausruf am Ende: Nun, Volk steh auf und Sturm brich los ist ein Zitat Theodor Körners aus der Zeit der preußischen Befreiungskriege gegen Napoleon.
„Der Führer hat befohlen, wir werden ihm folgen. Wenn wir je treu und unverbrüchlich an den Sieg geglaubt haben, dann in dieser Stunde der nationalen Besinnung und der inneren Aufrichtung. Wir sehen ihn greifbar nahe vor uns liegen; wir müssen nur zufassen. Wir müssen nur die Entschlußkraft aufbringen, alles andere seinem Dienst unterzuordnen. Das ist das Gebot der Stunde. Und darum lautet die Parole: Nun, Volk steh auf und Sturm brich los!“
Handelte es sich 130 Jahre früher, zu Zeiten Theodor Körners noch um den dichterischen Reflex einer realen Volksbewegung, ist Goebbels rhetorischer Ausruf im Angesicht des totalen Zusammenbruchs allein billige Durchhalteagitation wieder besseren Wissens.
Ein paar Tage später schreibt der Propagandaminister nüchtern in sein Tagebuch:
„Diese Stunde der Idiotie. Hätte ich gesagt, sie sollen aus dem dritten Stock des Columbus-Hauses springen, sie hätten es auch getan.“
In Wirklichkeit weiß Goebbels längst, wie es um das Reich steht. Schon im Spätsommer 1941 ist er als einer der ersten bei internen Gesprächen von der euphorischen Siegeserwartung Hitlers abgerückt.