Karte 1922

Philipp Scheidemann

geboren26.7.1865 in Kassel

gestorben29.11.1939 in Kopenhagen

Schriftsetzer

SPD

13.2.1919 bis 20.6.1919 Ministerpräsident

Philipp Scheidemann wurde als Sohn eines Tapezierer- und Polsterermeisters in Kassel geboren. Der allzu frühe Tod des Vaters bringt die Familie in grosse wirtschaftliche Schwierigkeiten. Von 1871 bis 1879 besuchte Philipp Scheidemann die Bürgerschule und die Höhere Bürgerschule in Kassel, daran an schloss er bis 1883 eine Schriftsetzerlehre. Im selben Jahr trat er in die SPD und in die Buchdruckergewerkschaft ein, zu einer Zeit also, als diese noch vom "Sozialistengesetz" massiv unterdrückt wurden. Bis 1895 arbeitete Scheidemann als Schriftsetzer, dann bis 1905 als Redakteur für verschiedene sozialdemokratische Zeitungen. 1903 wurde der begabte Redner Scheidemann Mitglied des Reichstags und wird es - bis 1918 für einen Wahlkreis in Düsseldorf, von 1920 bis 1933 für den Wahlkreis Hessen-Nassau - die nächsten 30 Jahre bleiben. Von 1906 bis 1911 ist er zugleich Stadtverordneter in Kassel. Dann wird er als Sekretär in den Parteivorstand der SPD berufen und übernimmt 1913, nach dem Tod August Bebels, gemeinsam mit Hugo Haase den Fraktionsvorsitz der SPD, den er bis 1918 innehaben wird. Ausserdem wird er 1917 nach der Abspaltung der USPD neben Friedrich Ebert in den Parteivorstand der SPD gewählt. In der ersten parlamentarischen Reichsregierung unter dem Reichskanzler Prinz Max von Baden ist Scheidemann im Oktober 1918 Staatssekretär. Nachdem der Reichskanzler die Abdankung Wilhelms II. verkündet hat, legt Scheidemann zusammen mit anderen Regierungsmitgliedern der SPD sein Amt nieder und ruft vom Reichstag die "deutsche Republik" aus. Er musste allerdings erst mit dem Hinweis, dass Karl Liebknecht beabsichtige, die "freie sozialistische Republik" vom Balkon des Berliner Schlosses auszurufen, dazu gedrängt werden und kam diesem dann zwei Stunden zuvor: "Was, nun sah ich die Situation klar vor Augen. Deutschland eine russische Provinz? Eine Sowjetfiliale? Nein! Tausendmal nein! Kein Zweifel, wer jetzt die Massen vom Schloß her bolschewistisch oder vom Reichstag zum Schloß hin sozialdemokratisch in Bewegung bringt, der hat gesiegt. Ich sah den russischen Wahnsinn vor mir, die Ablösung der zaristischen Schreckensherrschaft durch die bolschewistische. Nein, nein! Nur nicht auch das noch in Deutschland nach all dem anderen Elend." Am nächsten Tag konstituierte sich der Rat der Volksbeauftragten, dem Scheidemann angehören wird, bis dieser nach den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 aufgelöst wird. Scheidemann wird unter Reichspräsident Friedrich Ebert der erste Ministerpräsident der Weimarer Republik und führt ab 13. Februar 1919 die erste demokratisch legitimierte Reichsregierung, gebildet aus SPD, Zentrum und DDP. Doch schon am 20. Juni desselben Jahres tritt er von seinem Amt zurück, weil er, der sich während des Krieges gegen die Kriegszielpropaganda des Alldeutschen Verbands und für einen Verständigungsfrieden ohne Kriegsentschädigungen und Annexionen eingesetzt hatte, nun die Friedensbedingungen des Versailler Vertrages nicht akzeptieren kann. Bis Dezember des Jahres ist er erneut Mitglied des Parteivorstands, dann von 1920 bis 1925 Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Kassel. 1922 verübten Rechtsradikale wegen seines Engagements gegen die Verantwortlichen des Kapp-Putsches in Kassel ein Attentat mit Blausäure auf ihn, dem er jedoch unverletzt entkam. 1926 enthüllte Scheidemann als Abgeordneter in einer Rede im Reichstag die bereits seit Anfang 1921 bestehende geheime Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee, die den Zweck hatte, die im Versailler Vertrag festgeschriebenen Rüstungsbeschränkungen zu umgehen. Das führte zum Rücktritt des Kabinetts unter Reichskanzler Wilhelm Marx. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verliert Scheidemann 1933 sein Reichtagsmandat und muss Deutschland verlassen. Nach einer langen Odyssee über Prag, wo er im Flüchtlingsheim der sudetendeutschen Sozialdemokraten lebte, die Schweiz, Frankreich und die USA liess er sich in Dänemark nieder. Er starb 1939 im Alter von 75 Jahren im Exil in Kopenhagen.

Philipp Scheidemann