13. März 1920 Truppe schießt nicht auf Truppe: Nicht die Reichswehr, nur ein Generalstreik schützt die Republik
Die Reichshauptstadt Berlin in der Nacht vom 12. zum 13. März 1920: Reichswehrminister Gustav Noske ( SPD) ist außer sich vor Wut und kann nur mit Mühe seine Fassung bewahren. Vor ihm steht einer seiner untergebenen Generäle und verweigert seinen ausdrücklichen Befehl. Dieser lautet: „Stoppen Sie die meuternden Offiziere, die mit ihren Truppen auf Berlin zumarschieren, um Reichspräsident Friedrich Ebert und die Regierung aus SPD, Zentrum und DDP zu stürzen.“
Der Befehlsverweigerer ist Generaloberst Hans von Seeckt, Chef des Truppenamtes im Ministerium. Er bleibt bei seinem Standpunkt: „Truppe schießt nicht auf Truppe. Sonst ist alle Kameradschaft im Offizierkorps hin.“ Daraufhin Noske: „Dann werde ich die Polizei mobilisieren.“
Der General entgegnet, er müsse dem Minister leider auch diese Hoffnung nehmen, die Polizei mache bereits gemeinsame Sache mit den aufständischen Verbänden.
Freikorpstruppen unter General Lüttwitz und die Marinebrigade Erhardt überschreiten die Stadtgrenze. Die Regierungstruppen stellen sich dem Putsch nicht entgegen.
Noch in der Nacht flieht die Regierung über Dresden nach Stuttgart, nachdem das Presseamt noch einen Aufruf an das deutsche Volk abgesetzt hat:
„Der Militärputsch ist da! Schneidet dieser Militärdiktatur die Luft ab, kämpft um die Erhaltung der Republik!“
Im Morgengrauen des 13. März ist die Hauptstadt besetzt. Die putschenden Offiziere installieren einen Zivilisten als Reichskanzler: Wolfgang Kapp, ein Mann mit zuverlässig reaktionärer Gesinnung, zugleich aber schwach und abhängig genug, um sich von den Militärs bereitwillig steuern zu lassen.
Die Putschisten halten sich nur vier Tage. Die Berliner Beamtenschaft verweigert die Mitarbeit, quer durch alle sozialen Schichten solidarisiert sich die Bevölkerung, folgen dem Aufruf zum Generalstreik. Am 17. März geben die Rädelsführer in Berlin auf, Wolfgang Kapp flieht nach Schweden. Reichswehrminister Noske (SPD) wird entlassen und durch den Otto Gessler (DDP) ersetzt.
Die junge Weimarer Republik hat zwar gesiegt, jedoch auf Dauer nicht die Demokratie. Denn die Sozialdemokraten, stärkste Kraft im Parlament, und ihre Koalitionspartner der „Weimarer Mitte“ fürchten im ersten Regierungsjahr unter dem Eindruck der Oktoberrevolution in Sowjetrussland so sehr ihre Gegner von links, dass sie zu deren Bekämpfung immer wieder rechte Freikorpverbände heranziehen. Jedoch bleibt ihr kaum eine Alternative: Das „republikanische“ Lager ist geschwächt, erweisen sich doch große Teile des politischen Spektrums als Feinde der parlamentarischen Demokratie, angefangen von den Kommunisten mit ihrer Idee eines „ Rätedeutschland“ bis zu weiten Teilen der monarchistisch bzw. später faschistisch gesinnten Rechten.