Karte 1922

Freikorps

Allgemein Bezeichnung für außerhalb der regulären Streitkräfte stehende Kampfverbände, deren Angehörige als Kombattanten anerkannt werden können, wenn sie einen verantwortlichen Führer haben, Uniform oder klar erkennbare Unterscheidungszeichen tragen, die Waffen offen führen und die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten, aber letztendlich nur dann, wenn ihr Führer sich als Mitglied einer regulären Kriegsmacht ausweisen kann und als solcher anerkannt wird. Im Besonderen Bezeichnung für die deutschen Freiwilligenverbände nach dem Ersten Weltkrieg, die meist von beschäftigungslos gewordenen Offizieren aufgestellt wurden, sich überwiegend aus heimgekehrten Frontsoldaten zusammensetzten, bewaffnet waren und sich – und das ist entscheidend, um sie gegen irreguläre Freischärler-Truppen abzugrenzen - staatlicher Duldung und Unterstützung erfreuten. Zwar gab es in der deutschen Militärgeschichte Vorläufer, doch werden falsche historische Verbindungen hergestellt, wenn sich etwa Ernst Jünger auf die Befreiungskriege 1813/14 bezieht, in denen sich ebenfalls bewaffnete Freiwilligenformationen gebildet hatten, die gegen Napoleon kämpften. Bei den Freikorps handelt es sich – wie bei allen paramilitärischen Verbänden, die zwischen 1918 und 1933 entstanden, ob es sich um Freikorps, Heimwehren, Zeitfreiwilligenverbände oder Kampfbünde handelte - um eine neue Variante im politisch-militärischen Leben Deutschlands. General Ludwig Maercker, der Führer eines Landesjägerkorps, legte in seinem "Grundlegenden Befehl Nr. 1" die Richtlinien für seinen neuen Verband fest, die auch für die anderen Verbände galten, "Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Innern und Sicherung der Reichsgrenzen". Ein Freikorps konnte jeder aufstellen, der sich als militärischer Führer berufen fühlte. Über 400.000 Männer traten in den Jahren 1918-21 in die verschiedenen Einheiten ein, die Größe der einzelnen Verbände differierte zwischen 11.OOO (Freikorps Hülsen) und Stärken unter 500 Angehörigen (Freikorps Werdenfels). Neben der Reichswehr wurden die Freikorps von der Reichsregierung unter Reichspräsident Friedrich Ebert in der ganzen Republik eingesetzt , um gegen Arbeiter- und Soldatenräte, die sich bildeten und in Bayern sogar den Ministerpräsidenten stellten, vorzugehen, sie waren an der blutigen Niederschlagung der Münchner Räterepublik und an den Ermordungen Kurt Eisners (1867-1919) und Gustav Landauers(1870-1919) beteiligt und fungierten als Streikbrecher in den sozialen Auseinandersetzungen. Ihre berühmtesten Mordopfer sind Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Problematisch für die Regierung Ebert (und ihrer Nachfolgekabinette) war die ideologische Haltung der Freikorps (und ihrer Führer). Sie hatten monarchistische und rechtskonservative, vor allem aber antidemokratische Absichten und standen der Weimarer Republik überwiegend distanziert bis ablehnend gegenüber. Ihr oberstes Ziel war die Zerschlagung aller Linken und bolschewistischen Kräfte, was sich schließlich auch gegen die regierende, gemäßigte Mehrheitssozialdemokratie richten musste. Neben den paramilitärischen polizeilichen Funktionen im Innern nahmen Freikorps Aufgaben der Landesverteidigung wahr. Durch einen Aufruf der deutschen Regierung vom 09. Januar 1919 wurde ein Appell zur Gründung von Freiwilligenverbänden geleistet, um einen Grenzschutz Ost aufzubauen. Diese Kämpfe standen wenigstens teilweise unter der Leitung der Obersten Heeresleitung (OHL), die dadurch ein Mindestmaß an Organisation und Strategie in die Einsätze brachte. Die Freikorps und die Armee setzten sich für eine Eroberung Polens ein, doch wurde die Entwicklung durch den Vertrag von Versailles in letzter Minute gestoppt. Anders sah es im Baltikum aus: Freiwillige gegen die Rote Armee wurden mit dem Versprechen der Ansiedlung in Estland und Lettland geworben. Am 16. Dezember 1919 überschritt das letzte Freikorps die deutsche Grenze, was das Ende der Operationen im Baltikum bedeutete. Die dort eingesetzten Truppen fühlten sich von der deutschen Regierung verraten und kehrten als hochexplosives Militärpotential nach Deutschland zurück. Auf Druck der Entente mußten die Freikorps im Frühjahr 1920 offiziell aufgelöst und die Stärke der "vorläufigen Reichswehr" auf 200.000 Mann begrenzt werden. Einzelne Freikorps kämpften 1921 noch in Oberschlesien (Schlacht am Annaberg) und 1923 getarnt als "Arbeiterkommandos" im Ruhrgebiet während der französischen Besetzung. Teile der Freikorps wurden in die Vorläufige Reichswehr übernommen. Andere Freikorpsmitglieder fanden Unterschlupf in der von Hermann Ehrhardt (1871-1971) gegründeten geheimen Organisation Consul, die für die Ermordung führender Politiker verantwortlich gemacht wurde, oder suchten sich neue Aufgaben im Stahlhelm und in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei ( NSDAP), resp. in SA und SS. Damit ist das Problem schon angesprochen, denn nach dem offiziellen Verbot der Freikorps gründeten sich unzählige neue rechtsradikale Kampfverbände als Einwohnerwehren, Wehrverbände und Kampfbünde, um das verhaßte System Weimarer Republik schließlich doch noch zu stürzen.

Auszug der Freiwilligen aus Breslau

Auszug der Freiwilligen aus Breslau