Juli 1898 Berliner Secession
Gegen das konventionelle, historisierende Kunstverständnis Wilhelms II., der zwischen 1898 und 1901 an der Siegesallee 32 monumentale Skulpturengruppen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte aufstellen ließ, opponierten Naturalisten und Impressionisten mit ihren Darstellungen aus der Alltagswelt. Obwohl der Kaiser 1894 aus Protest gegen die erste öffentliche Aufführung von Gerhart Hauptmanns sozialkritischem Stück „Die Weber“ seine Loge im Deutschen Theater kündigte und der „Rinnsteinkunst“ den Kampf ansagte, war der Durchbruch neuer Kunstformen nicht aufzuhalten.
Auf Anregung von Walter Leistikow (1865-1908) schlossen sich am 2. Mai 1898 bildende Künstler wie Max Liebermann, Lovis Corinth, Lesser Ury (1861-1931), Max Slevogt, Käthe Kollwitz, Heinrich Zille und Hans Baluschek zur Berliner Secession zusammen. Letzter Anlaß für die Abspaltung war die offizielle Ablehnung des Graphikzyklus „Ein Weberaufstand“ von Käthe Kollwitz seitens der Jury der Großen Berliner Kunstausstellung. Im folgenden Jahr präsentierten die Mitglieder der Secession ihre Werke unabhängig vom offiziellen Kulturbetrieb in einem eilends errichteten Gebäude. Nachdem jedoch die Jury der Secession unter dem Vorsitz von Max Liebermann 27 Gemälde expressionistischer Künstler zurückgewiesen hatte, initiierten Max Pechstein, Georg Tappert (1880-1957) und Moritz Melzer (1877-1966) 1910/11 die „Neue Secession“, von der sich 1914 wiederum aus Protest die „Freie Secession“ abspaltete.
Neben München, wo Wassily Kandinsky 1911 den „Blauen Reiter“ ins Leben gerufen hatte, wurde Berlin, vor allem durch den Zuzug Dresdener Maler der Künstlergemeinschaft „Brücke“ wie Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel, ein Zentrum des deutschen Expressionismus. Diese neue Avantgarde fand in Herwarth Waldens (1878-1941) Zeitschrift „Der Sturm“ ihr Forum, in der neben bildenden Künstlern auch Schriftsteller und Literaten wie Else Lasker-Schüler, Kurt Hiller (1895-1972), Arno Holz, Jacob van Hoddis (1887-1942), Alfred Döblin und Paul Scheerbart (1863-1915) schrieben.