Sophie Charlotte von Preußen
Sophie Charlotte wurde 1668 in Iburg im Bistum Osnabrück geboren, dem ihr Vater Ernst August als Fürstbischof vorstand. Später sollte der Welfe Herzog von Hannover werden. Ihre Mutter Sophie war eine Tochter von Friedrich V. von der Pfalz. Die Prinzessin beeindruckte schon als Kind mit ihrer Begabung und starken Persönlichkeit ihre Umgebung. Selbst Ludwig XIV. wollte sie mit einem Prinzen seines Hauses verheiraten. Ihre Gaben wurden durch Unterricht gefördert, wobei der Schwerpunkt auf lebenden Sprachen lag, während sie in die Gelehrtensprache Latein nur oberflächlich eingeführt wurde. Musik und Tanz gehörten außerdem zu den feststehenden Erziehungsinhalten einer Prinzessin.
Dass die auch wegen ihres anziehenden Äußeren in vielen Fürstenhäusern begehrte Sophie Charlotte schließlich nach Brandenburg verheiratet wurde, hatte seine Ursache in politischen Interessen des Herzogtums Hannover. Da die Welfen nach der Kurwürde strebten, suchten sie sich mit dem Haus Brandenburg zu verbinden und seine Unterstützung für diese Rangerhöhung zu gewinnen. 1684 wurde sie in Herrenhausen mit dem Kurprinzen vermählt. Das Verhältnis zwischen den in geistigem und charakterlichem Zuschnitt recht verschiedenen Ehegatten blieb immer freundlich. Das lag zum einen sicherlich daran, dass Sophie Charlotte von sich aus keinen besonderen Einfluss auf die Politik zu nehmen gedachte und Friedrich ihr auf der anderen Seite die Freiräume gewährte, die sie zur Entfaltung ihrer Interessen bedurfte. In diesem Zusammenhang ragt die Errichtung von Schloss Lietzenburg (oder Lützenburg) hervor, dass später nach seiner ersten Schlossherrin in Charlottenburg umbenannt wurde. 1695 schenkte ihr Friedrich Land und Schloss, dessen Bau er von Andreas Schlüter ausführen ließ. Von da an hatte Sophie Charlotte ihre eigene Hofhaltung. Immerhin wird ihrem Einfluss der Sturz des einflußreichen leitenden Ministers, Eberhard Freiherr von Danckelman, zugeschrieben, der für Jahre auf der Festung Spandau verschwand.
Schon bald entfaltete sich auf Lietzenburg eine glanzvolle Mischung aus kultivierter höfischer Pracht und wissenschaftlicher Gelehrsamkeit. Neben Musikern und Tänzern verkehrten dort auch zahlreiche hugenottische Refugiés, deren Gesellschaft die Kurfürstin wegen ihrer besonderen Bildung suchte. Sie bildete den Mittelpunkt des gelehrten Gesprächs, das sie durch ihren gewandten Geist und ihre sympathische verbindliche Art anzuregen und zu leiten verstand. Der hervorragendste Geist, der an dem Musenhof verkehrte, war zweifellos Gottfried Wilhelm Leibniz. Unter seiner Leitung entstand die Berliner Akademie der Wissenschaften. Ursprünglich hatte Sophie Charlotte lediglich an die Gründung einer Sternwarte gedacht, aber Leibniz bewirkte schließlich die Ausweitung der Gründung zur Akademie, die in ihrem langen Bestehen eine überragende Rolle für das Geistesleben der Hauptstadt spielte.
Das politische Herzensanliegen Kurfürst Friedrichs III. war die Erringung der Königswürde. Für diesen großen Zweck begab sich auch Sophie Charlotte auf diplomatische Mission. Sie erreichte vom König von England und auch vom bayrischen Kurfürsten die Zusage, dass sie die Erhebung des Kurfürsten von Brandenburg und Herzogs von Preußen zum König in Preußen anerkennen werden. Am 18. Januar 1701, dem Tag der Krönung in Königsberg, krönte sie ihr Gemahl, der sich zuvor die Krone selber aufs Haupt gesetzt hatte, zur ersten preußischen Königin. Offenbar war sie mit Friedrich über die Bedeutung und Würde des Ereignisses nicht einer Meinung. Zwar ist die Anekdote, dass sie noch während der Zeremonie zum Schnupftabak griff, nur in einem einzigen Bericht überliefert, aber andererseits schrieb sie immerhin an Leibniz, dass sie ihre geliebten philosophischen Gespräche aller Pracht und allen Kronen vorziehe.
Mit ihrem 1688 geborenen Sohn Friedrich Wilhelm, dem späteren Soldatenkönig, verstand sie sich nur mäßig. Der vor allem militärisch begeisterte und schon früh seine fanatische Sparsamkeit an den Tag legende Prinz hatte für die feinsinnigen Erziehungsversuche seiner Mutter wenig übrig. Später meinte er, von seiner Mutter verzogen worden zu sein.
Sophie Charlotte starb 1705 im Alter von 37 Jahren in Hannover. Eine Halsentzündung war ihr zum Verhängnis geworden, nachdem sie eine winterliche Reise zu ihrer Mutter weder aufschieben noch unterbrechen wollte.