3. April 1849 Von Volkes Gnaden möchte der preußische König nicht Kaiser werden
Anfang April 1849: Eine Delegation des Deutschen Nationalparlaments reist von Frankfurt am Main nach Berlin und trägt Friedrich Wilhelm IV. die Deutsche Kaiserkrone an. Schon am 28. März war in der Frankfurter Paulskirche die Reichsverfassung verabschiedet und der preußische König zum Deutschen Kaiser gewählt worden.
Im Berliner Schloss verweigert Friedrich Wilhelm IV. die Annahme der ihm angetragenen deutschen Kaiserkrone mit den Worten:
„Ich bin bereit, durch die Tat zu beweisen, dass die Männer sich nicht geirrt haben, welche ihre Zuversicht auf meine Hingebung, auf meine Treue, auf meine Liebe zum gemeinsamen Vaterland stützten. Ich würde Ihr Vertrauen nicht rechtfertigen, Ich würde dem Sinne des deutschen Volkes nicht entsprechen, Ich würde Deutschlands Einheit nicht aufrichten, wollte ich, mit Verletzung heiliger Rechte und Meiner früheren, ... Versicherungen, ohne das freie Einverständnis der gekrönten Häupter, der Fürsten und der freien Städte Deutschlands, eine Entschließung fassen, welche für sie und für die von ihnen regierten deutschen Stämme die entscheidendsten Folgen haben muß.“
Ein Mitglied der Delegation schreibt später, dass in vielen Augen der Frankfurter Parlamentarier Tränen zu sehen gewesen seien. „Alle spürten sie, da sprach einer vergebens viel, um zu versagen.“ Sie, die ehrlichen Herzens ausgezogen waren, den uralten Traum zu verwirklichen, der da hieß „Das ganze Deutschland soll es sein“, kehrten nach Frankfurt zurück und mussten zusammen mit den anderen Abgeordneten erleben, auf welch erbärmliche Weise dieser Traum endete.
Dem preußischen Gesandten in London, Christian Carl Josias Freiherr von Bunsen, offenbart Friedrich Wilhelm IV. brieflich seine wahren Gründe, die Kaiserkrone abzulehnen:
„Die Krone, welche die Ottonen, die Hohenstaufen, die Habsburger getragen, kann natürlich ein Hohenzoller tragen; sie ehrt ihn überschwänglich mit tausendjährigem Glanze. Die aber, die Sie – leider meinen, verunehrt überschwänglich mit ihrem Ludergeruch der Revolution von 1848, der albernsten, dümmsten, schlechtesten -, wenn auch, Gottlob, nicht bösesten dieses Jahrhunderts. Einen solchen imaginären Reif, aus Dreck und Letten gebacken, soll ein legitimer König von Gottes Gnaden und nun gar der König von Preußen sich geben lassen, der den Segen hat, wenn auch nicht die älteste, doch die edelste Krone, die Niemand gestohlen worden ist, zu tragen? ... Ich sage es Ihnen rund heraus: Soll die tausendjährige Krone deutscher Nation, die 42 Jahre geruht hat, wieder einmal vergeben werden, so bin ich es und meines Gleichen, die sie vergeben werden. Und wehe dem, der sich anmaßt, was ihm nicht zukommt!“
Friedrich Engels schreibt in der „ Neuen Rheinischen Zeitung“ am Tag darauf:
„...an der von dem Frankfurter Parlament dargebotnen Krone klebt zuviel plebejischer Staub, zuviel unangenehme Erinnerung an die unseligen Tage der Herrschaft des souveränen Volks, als daß ein König von Gottes Gnaden, und noch dazu ein rehabilitierter, sie so ohne weiteres auf sein Haupt drücken dürfte.
Erst wenn die übrigen, gleichfalls von Gottes Gnaden gekrönten Fürsten ihre Zustimmung dazu gegeben haben, erst dann wird die neue Krone von allen sündhaften märzerrungenen Flecken durch die Gnade Gottes gereinigt und geweiht sein; erst dann wird der Erwählte der 290 Professoren und Hofräte sie ergreifen und sprechen, wie weiland in Berlin: Von Gottes Gnaden habe ich diese Krone, und wehe dem, der daran tastet’“Erst wenn die übrigen, gleichfalls von Gottes Gnaden gekrönten Fürsten ihre Zustimmung dazu gegeben haben, erst dann wird die neue Krone von allen sündhaften märzerrungenen Flecken durch die Gnade Gottes gereinigt und geweiht sein; erst dann wird der Erwählte der 290 Professoren und Hofräte sie ergreifen und sprechen, wie weiland in Berlin: Von Gottes Gnaden habe ich diese Krone, und wehe dem, der daran tastet’“
Der konservativ-monarchische Obrigkeitsstaat behält, gestützt auf Armee und Bürokratie, das politische Ruder fest in der Hand. Insbesondere das Bürgertum, dem der gleichzeitige wirtschaftliche und kulturelle Aufstieg Preußens im wesentlichen zu verdanken ist, verliert an politischem Selbstvertrauen.