Mai 1848 Erste preußische Nationalversammlung tritt zusammen
Am 11. April 1848 veröffentlicht das Staatsministerium unter Ludolf Camphausen die „Verordnung über die Wahl der Preußischen Abgeordneten zur Deutschen Nationalversammlung“ in Frankfurt am Main. Eine Nationalversammlung soll es jedoch auch in Preußen geben. Ihre Abgeordneten sollen nach dem gleichen Wahlverfahren bestimmt werden wie ihre Frankfurter Kollegen: Stimmberechtigt sind alle Männer ab vierundzwanzig Jahren im Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte. Diese wählen in ihrer Gemeinde oder ihrem Stadtbezirks einen so genannten Wahlmann. In einem zweiten Wahlgang bestimmen diese Wahlmänner die Abgeordneten für die Preußische und Deutsche Nationalversammlung. Empfänger öffentlicher Armenunterstützung bleiben allerdings von der Wahl ausgeschlossen.
Trotz dieses indirekten Wahlmodus durch Wahlmänner haben die Vertreter der Konservativen in der preußischen Hauptstadt keine Chance.
Nach Frankfurt und Berlin werden nur liberale und demokratische Vertreter der „Märzbewegung“ gewählt. Die konservativen Abgeordneten des gesamtpreußischen Parlaments kommen fast ausschließlich aus den Provinzen.
Am 22. Mai, vier Tage nach der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt am Main, tritt die preußische verfassungsgebende Versammlung in der Berliner Singakademie zusammen. Ihr Auftrag lautet: „Vereinbarung“ einer Verfassung mit dem König!
Politische Parteien im heutigen Sinne gibt es noch nicht, jeder Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verantwortlich, dennoch offenbart sich bei einem hitzigen „Zwischenspiel“ die politische Konstellation in der Nationalversammlung. Es geht um die „Legitimität“ der Revolution: Ein Berliner Bezirksverein beantragt, das Verdienst der Revolutionskämpfer öffentlich anzuerkennen.
Julius Berend, Demokrat und Vorsitzender des Berliner Handwerkervereins spricht zu den Anwesenden:
„Die hohe Versammlung wolle in Anerkennung der Revolution zu Protokoll erklären, dass die Kämpfer des 18. und 19. März sich wohl ums Vaterland verdient gemacht haben.“
Jedoch: Die Mehrheit der preußischen Nationalversammlung will nicht wahrhaben, dass sie auf dem Boden der Revolution gewachsen war. Auch Ministerpräsident Camphausen begründet seinen Einspruch mit dem Argument, es habe sich am 18./19. März nicht um einen „Umsturz der bestehenden Gewalt“ wie im 17. Jahrhundert in England und im 18. Jahrhundert in Frankreich, sondern um einen Vertrag zwischen Krone und Volk gehandelt.
Die preußische Nationalversammlung nimmt mit 196 zu 177 einen Antrag an, zur Tagesordnung überzugehen...
Die demokratischen Kräft sind im Frühjahr 1848 nicht so geschlossen, dass ihr politisches Endziel auf den gemeinsamen Nenner Die demokratischen Kräft sind im Frühjahr 1848 nicht so geschlossen, dass ihr politisches Endziel auf den gemeinsamen Nenner „demokratische Republik“„demokratische Republik“ gebracht werden könnte. Die volle Volkssouveränität ist für Vertreter des gemäßigten Flügels der Demokraten durchaus in einer konstitutionellen Monarchie denkbar. Einhellig abgelehnt wird jedoch von allen Demokraten die zaghaft liberale Politik des Kabinetts Camphausen. Das neue Staatsministeriums versucht, die Machtansprüche der absoluten Monarchie im von der Revolution erschütterten Königreich Preußen in einen Kompromiss münden zu lassen: Es strebt einen konstitutionellen Rechtsstaat mit eingeschränkter Volkssouveränität an.