9. November 1848 Die Gegenrevolution marschiert - General von Wrangel entmachtet die Bürgerwehr
Der „heiße Herbst“ des Jahres 1848: Die Revolution in Wien wird blutig niedergeschlagen, die preußische Nationalversammlung unterstützt in den Augen der linken Radikalen die Wiener Bundesgenossen zu halbherzig, es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Bürgerwehr und radikalen Demonstranten. Die Gefahr ist groß, dass das Militär einschreiten könnte.
Friedrich Wilhelm IV. schreibt vom sicheren Potsdam aus an den preußischen Ministerpräsidenten: „Was not tut, ist die Zähmung Berlins.“ Ein neues konservatives Kabinett, von ihm eingesetzt, besteht fast ausschließlich aus Offizieren und Beamten. Diese neue Regierung verlangt, handstreichartig, die Sitzungen der Preußischen Nationalversammlung in die Provinz, in die Stadt Brandenburg an der Havel, zu verlegen, angeblich weil die Sicherheit der Parlamentarier nicht mehr gewährleistet ist. Vergeblich versuchen die Abgeordneten, in Berlin weiter zu tagen. Denn inzwischen marschieren preußische Truppen unter dem Befehl des Generals von Wrangel in die Stadt ein. Dem „Spuk der Revolution“soll nun wie befürchtet ein Ende bereitet werden.
„Die Musik an die Tete!“ befiehlt er, als sich seine 13.000 Soldaten den von der Bürgerwehr besetzten Stadttoren nähern. Mit dem Schellenbock als Sturmgeschütz nimmt er die Stadt – und zu aller Überraschung: ohne nennenswerte Gegenwehr!
Überliefert ist Wrangels Gespräch mit dem Kommandanten der Bürgerwehr, Major Rimpler. Der Major erklärt dem General auf dem Gendarmenmarkt, dass seine Wehrmänner die noch im Schauspielhaus tagende preußische Nationalversammlung unter allen Umständen zu schützen: „Ich weiche nur der Gewalt, Herr General!“ Wrangel antwortet lakonisch: „Dann sollten Se jetzt weichen, Herr Major, die Jewalt is´da!“
General von Wrangel ist entschlossen, die Versammlung des Parlaments aufzulösen, und dennoch bemüht, gewalttätige Konfrontationen zu vermeiden.
Allzu lange wird der General nicht warten müssen. Nach dem Ende der Parlamentssitzung verlassen die Abgeordneten unter dem Beifall der Bevölkerung gegen 5 Uhr das Schauspielhaus, das gleich darauf von Soldaten besetzt wird. Zu dieser Zeit kursieren in der preußischen Hauptstadt Spottverse eines Oberstleutnants, die an der Haltung des Militärs keinen Zweifel lassen:
"Also heulen durch das Land
Die unsaubern Geister,
Bis das Kreuz mit fester Hand
Drüber schlägt der Meister.
Bei dem ersten Trommelklang
Fahren sie davon mit Stank!
Gegen Demokraten
Helfen nur – Soldaten!
Die „halbe Revolution“ der Deutschen endet mit dem Sieg „einer ganzen Konterrevolution“ der alten Fürstenmacht, kommentiert Karl Marx lakonisch, in dieser Zeit Chefredakteur der „ Neuen Rheinischen Zeitung“.