Theobald von Bethmann Hollweg
29.11.1856 in Hohenfinow
2.1.1921 in Hohenfinow
14.7.1909 bis 14.7.1917 Staatskanzler/Reichskanzler Deutsches Reich
Theobald von Bethmann Hollweg wurde 1856 auf dem vom Vater erworbenen Gut Hohenfinow (Provinz Brandenburg) geboren. Er studierte Jura in Straßburg, Leipzig und Berlin, um dann eine glänzende Verwaltungskarriere zu beginnen. 1899 wurde er Oberpräsident der Provinz Brandenburg, 1905 preußischer Innenminister.
Reichskanzler von Bülow berief ihn zum Staatssekretär des Innern und schlug ihn als seinen Nachfolger vor. Am 7. Juli 1909 wurde er Reichskanzler, preußischer Ministerpräsident und preußischer Minister für auswärtige Angelegenheiten. Die innenpolitische Lage war nach der Sprengung des aus Liberalen und Konservativen bestehenden „Bülow-Blocks“ außerordentlich kompliziert geworden. Der persönlich konservativ gesinnte, aber auf Modernisierung hinarbeitende Bethmann Hollweg erreichte mit wechselnden Mehrheiten – er nannte das die „Politik der Diagonale“ – den Ausbau der Sozialpolitik. Eine moderate Reform des Dreiklassenwahlrechts in Preußen scheiterte am Widerstand der Konservativen. In der Zabern-Affäre – ein Leutnant hatte willkürlich elsässische Zivilisten verhaftet und war anschließend von seinen Vorgesetzten gedeckt worden – stellte sich der Kanzler vor das Militär, wofür ihm der Reichstag erstmals in der deutschen Geschichte das Misstrauen aussprach, was freilich keine praktischen Konsequenzen hatte.
Die von Ludendorff angeregte Militärvorlage von 1913 unterstützte Bethmann Hollweg, da er hoffte, dass ihre Annahme eine neue Flottenvorlage verhindern würde, die die von ihm angestrebte Entspannung im Verhältnis mit England weiterhin unmöglich gemacht hätte. Immerhin gelang es ihm, nach den beiden Balkankriegen gemeinsam mit England den Konflikt einzudämmen, indem beide Mächte beschwichtigend auf ihre Verbündeten einwirkten. Beim Ausbruch der Julikrise nach der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand wollte er einen diplomatischen Sieg für die Mittelmächte und unterstützte den leichtsinnigen „Blankoscheck“ für Österreich-Ungarn, der die Krise verschärfte und mit zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs beitrug.
Unter dem Druck von drohenden Streiks und Hungerunruhen war Bethmann Hollweg 1917 zu einem Verständigungsfrieden und einer Stärkung des Parlaments bereit, konnte aber die ihm in diesen Auffassungen nahestehenden Parlamentarier nicht von seiner Entschlossenheit und Durchsetzungsfähigkeit überzeugen. So entstand ein Bündnis von nationalliberalen und Zentrumspolitikern einerseits, der Obersten Heeresleitung, dem Kronprinzen und den konservativen Parteien, die seine Politik ohnehin scharf ablehnten, andererseits. Am 13. Juli 1917 trat er zurück.
Seine letzten Lebensjahre verbrachte er auf dem Gut Hohenfinow, wo er 1921 starb.