Dreiklassenwahlrecht
Ungleiches und indirektes Wahlrecht, nach dem das Abgeordnetenhaus und die Gemeindevertretungen gewählt werden. Dieses 1849 von König Friedrich Wilhelm IV. „ oktroyierte“ Wahlrecht teilt die Wähler in drei Klassen ein, und zwar nach der Höhe ihres direkten Steueraufkommens. Der ersten Klasse gehören Bürger mit besonders hohem Steueraufkommen, in der Regel Großgrundbesitzer und Adelige, der zweiten Klasse Bürger mit mittlerem Steueraufkommen, meist Kaufleute an, alle übrigen machen die Wähler der dritten Klasse aus. Tatsächlich umfaßt die dritte Klasse aber ca. 83%, die erste Klasse der am höchsten Besteuerten nur vier Prozent der Wähler. Die Abgeordneten werden indirekt, über Wahlmänner, gewählt. Jede Klasse bestimmt ein Drittel der Wahlmänner in öffentlicher und mündlicher Wahl. Die Wahlmänner wiederum wählen die Abgeordneten gemeinsam und wiederum öffentlich. Dank dieses Systems hat die Stimme eines Wählers der ersten Klasse ungefähr 17,5fachees Gewicht. Außerdem kann das Wahlverhalten wirksam beeinflußt werden, weil die Wahl nicht geheim ist. Zudem begünstigt die Wahlkreiseinteilung die dünnbesiedelten und besonders konservativen Agrargebiete im Osten Preußens. Das aktive Wahlrecht steht nur Männern nach Vollendung des 24. Lebensjahres zu. Fürsorgeempfänger sind davon ausgenommen. Außer Kraft gesetzt wird das Dreiklassenwahlrecht erst im November 1918 nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches.