Wilhelm II von Preußen
27.1.1859 in Berlin
4.6.1941 in Doorn/Niederlande
15.6.1888 bis 28.11.1918 Deutscher Kaiser/König von Preußen
Friedrich Wilhelm wird am 27. Januar 1859 als erster Sohn des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, des späteren Kaisers Friedrich III. und dessen Gemahlin Prinzessin Viktoria, Princess Royal of England, im Kronprinzenpalais in Berlin geboren. Die Erziehung Wilhelms übernimmt der Kalvinist Dr. Georg Hinzpeter mit einem strengen Unterrichtsprogramm, das morgens 6 Uhr beginnt und abends 6 Uhr endet. Der Knabe Wilhelm gilt als egozentrisch, launisch, leidet unter nervlichen Krisen und körperlichen Gebrechen, am deutlichsten unter seinem verkrüppelten linken Arm. Von 1874-1877 besucht Wilhelm das Gymnasium in Kassel-Wilhelmshöhe. 1877 beginnt er mit dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn. 1881 heiratet er Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Sie haben sieben Kinder.
Am 15. Juni 1888 wird Wilhelm II. nach einer kurzen Regierungszeit seines Vaters, Kaiser Friedrichs III., Deutscher Kaiser und König von Preußen. Am 18. März 1890 veranlasst er aufgrund innenpolitischer Differenzen und eigener machtpolitischer Ambitionen den Rücktritt des Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck, den dieser am folgenden Tag einreicht. Unter Wilhelm II. wird das Sozialistengesetz aufgehoben, die Sozialpolitik verbessert und das bis heute gültige Bürgerliche Gesetzbuch verabschiedet. In der Kunstpolitik extrem konservativ und dogmatisch bezeichnet er die Arbeiten der „Berliner Sezession“ als „Rinnsteinkunst“ und legt fest: “Eine Kunst, die sich über die von Mir bezeichneten Gesetze und Schranken hinwegsetzt, ist keine Kunst mehr.“ Seine Technikbegeisterung äußert sich in seiner Leidenschaft für Automobile und für Schiffe, aber auch in der Gründung der „ Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft“ zur Förderung der Wissenschaften. Er umgibt sich vorzugsweise mit devoten Politikern, die sein “persönliches Regiment“ akzeptieren. Acht Reichskanzler lösen sich in seiner Amtszeit einander ab. Seine oft von Eitelkeit und Selbstherrlichkeit geprägte fatale Außenpolitik mit dem Ziel, Deutschland “einen Platz an der Sonne“ zu erobern, führt letztlich mit zum 1.Weltkrieg. Er verprellt die Großmächte Russland und Großbritannien, das sich mit Frankreich verbündet. Die Politik des Kaisers ist von Selbstüberschätzung, politischen Dummheiten und einem gewissen Größenwahn geprägt. Mit der Gratulation 1896 an den Präsidenten der Burenrepublik Paulus Krüger zum erfolgreichen Widerstand gegen englische Angriffe, der sogenannten „Krügerdepesche“ provoziert er breite öffentliche Kritik. Die Flottenaufrüstung ab 1898 unter dem Staatssekretär im Reichsmarineamt Alfred von Tirpitz als Instrument deutscher Kolonialpolitik gedacht, belastet das Verhältnis zu Großbritannien. In der „Hunnenrede" anlässlich der Niederschlagung des Boxeraufstands in China fordert Wilhelm II. die deutschen Truppen zu massiven Vergeltungsmaßnahmen auf. Als der Kaiser 1905/06 während der ersten Marokkokrise auf der internationalen Schiedskonferenz von Algeciras (1906) gegen die französische Interessenpolitik in Marokko protestiert, findet er keine Verbündeten. 1907 wird das persönliche Umfeld des Kaisers, vor allem sein homosexueller Berater Philipp Fürst zu Eulenburg, in einer Artikelserie Maximilian Hardens als moralisch zweifelhaft (" Eulenburg-Affäre") diskreditiert. 1908 folgt die "Daily-Telegraph-Affäre": Äußerungen Wilhelm II. über die Ziele deutscher Außenpolitik in einem Interview in der englischen Zeitung "Daily Telegraph" stoßen im In- und Ausland auf heftige Kritik. Deutsche Politiker fordern eine verfassungsrechtliche Einschränkung der kaiserlichen Kompetenzen. 1911 schickt der Kaiser als Reaktion auf die französische Besetzung der Städte Rabat und Fez ein Kanonenboot nach Marokko, um Deutschlands Stärke gegenüber konkurrierenden Kolonialmächten militärisch zu demonstrieren und löst damit die zweite Marokkokrise aus. Als in Sarajewo 1914 der habsburgische Thronfolger Franz Ferdinand ermordet wird, versichert Wilhelm II. am 6./7. Juli Österreich-Ungarn uneingeschränkte Bündnistreue für den Fall kriegerischer Auseinandersetzung. Beim Ausbruch des 1.Weltkrieges erweist er sich als unfähig, die politische und militärische Dominanz der Obersten Heeresleitung zu regulieren. Die militärische und schließlich auch die politische Führung übernehmen weitgehend Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff, die ab 1917 den Kaiser praktisch völlig ausschalten. Reichskanzler Max von Baden gibt nach verlorenem Krieg und bei Ausbruch der Novemberrevolution am 9. 11. 1918 eigenmächtig die Abdankung des Kaisers bekannt. Wilhelm II. flieht aus dem Hauptquartier in Spa in die Niederlande. Die niederländische Regierung verlangt, dass er auf politische Betätigung verzichtet. Am 28.11.1918 unterzeichnet Wilhelm II. die Abdankungsurkunde. Er verzichtet damit sowohl auf das Amt des deutschen Kaisers als auch das des Königs von Preußen. Im Jahr 1919 kauft er Haus Doorn in der Provinz Utrecht. Ein Jahr später lehnen die Niederlande ein Auslieferungsansinnen der Entente ab.
Am 11.4.1921 stirbt Wilhelms Gemahlin Auguste Viktoria. Ihr Leichnam wird nach Potsdam überführt. Am 5. November 1921 heiratet Wilhelm Hermine von Reuß ältere Linie, verwitwete Prinzessin Schönaich-Carolath in Haus Doorn. 1931/32 empfängt Wilhelm Hermann Göring in Haus Doorn in der irrigen Hoffnung, dass eine nationalsozialistische Regierung die Monarchie in Deutschland wieder einführen würde. 1940 gratuliert Wilhelm Adolf Hitler telegraphisch zur Einnahme von Paris. Am 4.6.1941 stirbt Wilhelm von Preußen in Doorn. Auf Hitlers Initiative wird der Exkaiser bei seinem Wohnsitz in Doorn in einem Mausoleum mit militärischen Ehren beigesetzt. Wilhelm II., von dem gesagt wird, dass er sein Kaisertum gern inszeniert habe, gilt als die meist fotografierte und gefilmte Person seiner Zeit. Der von Wilhelm II. geprägte national-konservative Politik-, Lebens- und Baustil, seine theatralisch vorgetragene Überzeugung von der Sendung des "deutschen Wesens" machen ihn zum Exponenten einer politischen und kulturellen spezifisch deutschen Überheblichkeit, sein Hang zur opernhaften und dramatischen Selbstinszenierung, machen ihn zum Sinnbild einer Ära, die auch die wilheminische genannt wird.