Paul Gerhardt
12.3.1608 in Gräfenheinichen
27.5.1676 in Lübben
Theologe
1657
bis 1666
Diakon von St. Nikolai in Berlin
und
von 1669 bis 27.5.1676 Archidiakon von Lübben
Paul Gerhardt wurde am 12.3.1607 in Gräfenhainichen (Sachsen) als Sohn eines Bürgermeisters, Ackerbauers und Gastwirts geboren. Seine Mutter war die Tochter des Superintendenten Kaspar Starcke in Eilenburg. In der Schule lernte er u.a. Latein und Gesang. Nachdem 1619 sein Vater und 1621 seine Mutter starben, ging der Vollwaise 1622 gemeinsam mit seinem Bruder an die Fürstenschule in Grimma. Ab 1628 studierte Paul Gerhardt Theologie in Wittenberg, 1643 hielt er sich als Kandidat in Berlin auf und wohnte 1651 im Haus des Kammergerichtsadvokaten Andreas Berthold, dessen Tochter Anna Maria er am 11.2.1655 heiratete. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen nur Sohn Paul Friedrich das Jahr 1676 überlebte. Bereits Ende 1651 wurde Gerhardt Propst in Mittenwalde bei Berlin und Inspektor der umliegenden Landpfarreien. Im Sommer 1657, in einer Zeit schwerer Lehrstreitigkeiten unter den lutherischen und reformierten Theologen und Predigern, kam er nach Berlin als Diakonus an St. Nikolai. Sie wurden dadurch verschärft, dass Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, in seinem Bestreben, seinem Volk und Land den so notwendigen Kirchenfrieden zu verschaffen, die Verpflichtung der Pfarrer auf die »Konkordienformel« bei der Ordination aufhob, »das unnötige Eifern, Gezänk und Disputieren der Geistlichen auf den Kanzeln« verbot und seinen Landeskindern das Studium der Theologie und Philosophie in Wittenberg untersagte. Gerhardt war auf auf Grund seiner Verpflichtung auf die Konkordienformel nicht bereit, die kurfürstliche Verordnung vom 16.9.1664, die unter Androhung der Amtsenthebung den Kirchenstreit verbot, zu unterschreiben. Er wurde deshalb 1666 aus seinem Amt entlassen, aber auf Grund von Protesten wieder eingesetzt, wobei ihm die Unterschrift zur Verpflichtung erlassen wurde. Dennoch konnte Gerhardt es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, diese „Sonderregelung“ zu akzeptieren. Er ging 1669 als Archidiakonus nach Lübben, wo er im Alter von 69 Jahren am 27.05.1676 starb und dort in der heutigen Paul Gerhardt Kirche beigesetzt wurde. Paul Gerhardt gilt nach Martin Luther als der bedeutendste evangelische Kirchenliederdichter. Zu den bekanntesten seiner 130 Kirchenlieder, die von empfindsamer Frömmigkeit und starkem Gottvertrauen geprägt sind, gehören "Nun ruhen alle Wälder", 1648; "Ich steh an deiner Krippen hier", 1653; "Befiehl du deine Wege", 1656; "Geh aus, mein Herz und suche Freud", 1656; "O Haupt voll Blut und Wunden", 1656, das Bach in der Matthäus-Passion verarbeitet hat.