Deutsche Frage
Im Herbst 1848 begannen in der Frankfurter Nationalversammlung die Auseinandersetzungen um die Frage, welchen Umfang und welche Organisation der geplante deutsche Nationalstaat haben solle. Diese Auseinandersetzung ist Teil des "deutsche Frage" genannten Problemkomplexes. Die Diskussion erreichte Januar 1849 ihren Höhepunkt und spaltete die Nationalversammlung in Anhänger der kleindeutschen und Anhänger der großdeutschen Lösung. Die Bezeichnung geht vermutlich auf den Trierer Abgeordneten Ludwig Simon ((1810-1872) zurück.Verkürzt ausgedrückt sah die großdeutsche Lösung den Einschluß Österreichs, die kleindeutsche den Ausschluß Österreichs vor. Neben den nationalen Motiven spielten auch konfessionelle, innenpolitische und partikulare Interessen eine Rolle bei der Parteienbildung. Im Falle eines großdeutschen Staates war strittig, ob er unter österreichischer oder preußischer Führung stehen sollte und welchen Status diejenigen Gebiete der Donaumonarchie haben sollten, die nicht deutschsprachig waren. Die großdeutsche Gruppierung innerhalb der Nationlaversammlung setzte sich vor allem aus Österreichern, Vertretern der süddeutschen Staaten, Katholiken und Anhängern des Bundesstaatsgedankens (Föderalisten) zusammen, während die "Kleindeutschen", die sich selbst die "Erbkaiserlichen" nannten, vor allem aus norddeutschen protestantischen Liberalen bestanden. Nachdem die Kleindeutschen die Mehrheit hatten, wurde Friedrich Wilhelm IV. von Preußen im März 1849 zum Kaiser gewählt, doch lehnte er die Krone ab. Die kleindeutsche Lösung konnte in veränderter Form erst nach den deutsch-österreichischen Kriegen mit der Reichsgründung 1871 unter Bismarck realisiert werden. Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie 1918 lebte die großdeutsche Vorstellung wieder auf und schien kurzfristig durch den Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich verwirklicht.