Heinrich Zille
10.1.1858 in Radeburg/Sachsen
9.8.1929 in Berlin
Graphiker, Photograph
Als Neunjähriger war Heinrich Zille mit seinen Eltern aus Sachsen nach Berlin gekommen, sein Vater hoffte, sich hier als Werkzeugmacher eine neue Existenz aufbauen zu können. Schon früh entschied sich Zille für eine künstlerische Laufbahn, gegen den Widerstand seiner Eltern; so stellte die 1872 begonnene Lehre in einer lithografischen Werkstatt einen Kompromiss dar. In Abendkursen, besonders bei Theodor Hosemann, eignete er sich das zeichnerische Handwerkszeug an. Aus der 1883 geschlossenen Ehe mit der Lehrerstochter Hulda Frieske gingen drei Kinder hervor. Ab 1901 stellte Zille bei der Künstlervereinigung Berliner Sezession aus, deren Mitglied er 1903 wurde. Als ihm 1907 überraschend seine Arbeitsstelle bei der „Photographischen Gesellschaft“ gekündigt wurde, musste er, um nicht arbeitslos zu sein, mit 48 Jahren den Schritt ins freie Künstlertum wagen.
Seine Zeichnungen wurden von verschiedenen Verlagen und Zeitungen veröffentlicht, daneben schuf Zille mehrere Wandgemälde, vor allem für Gaststätten. Zwischen 1910 und 1920 entstanden die bekanntesten seiner Arbeiten, so der Zyklus „Hurengespräche“, der Bildband „Mein Milljöh“, die Serie „Korl und Vadding“ wie auch die Antikriegsblätter „Das Eiserne Kreuz“ und „Kriegsmarmelade“. Auf Vorschlag Max Liebermanns wurde er 1924 in die Preußische Akademie der Künste aufgenommen. Zu dieser Zeit erreichte die Popularität des Künstlers ihren Höhepunkt, Zille war allerdings bereits schwer erkrankt, neue Werke entstanden kaum noch. Bis zu seinem Tod 1929 veröffentlichte er jedoch noch Bilder aus seinem unerschöpflichen Fundus.
Zilles Schaffensperiode ist in etwa identisch mit der deutschen Kaiserzeit und der beginnenden Weimarer Republik. Schon zu Lebzeiten war er hauptsächlich wegen der pittoresk-humoristischen Aspekte seiner Zeichnungen des wilhelminischen Berlin berühmt, seine satirischen und sozialkritischen Arbeiten (wie etwa die Bilder der Reisigsammlerinnen und der Kriegsversehrten) waren weit weniger populär. Der Maler Karl Arnold nahm diese Missverständnis aufs Korn, als er einen feisten Bourgeois zeichnete, der sich leutselig an den vor ihm stehenden Zille wendet: „ Nehm´ Se sich noch ne frische Habana, Meister Zille, Sie ham uns mit Ihre Nutten und arme Leute immer so ville Freude jemacht.“ Das umfangreiche und gut erhaltene fotografische Werk Zilles ist bisher nur teilweise publiziert.