Helmuth James Graf von Moltke
11.03.1907 in Kreisau (Schlesien)
23.01.1945 in Berlin-Plötzensee (hingerichtet)
Helmuth James von Moltke war ein Urgroßneffe des berühmten Feldmarschalls Moltke der Reichseinigungskriege. Seine Jugend verbrachte er vorwiegend auf dem Familiengut. Das geistige Klima, in dem der junge Helmuth James aufwuchs war durch eine umfassende Bildung gekennzeichnet, welche sich von derjenigen des typischen preußischen Landjunkers deutlich abhob. Die Mutter war die Tochter des südafrikanischen obersten Richters und im Familienkreis wurde viel Englisch gesprochen, oft waren ausländische Gäste geladen. Helmut James galt als hoch intelligent, war, was seine schulischen Leistungen anging, aber eher nachlässig. Noch als Schüler begann er sich mit den politischen Parteien der Weimarer Republik auseinanderzusetzen. Nach Abschluß der Schule folgte ein Studium der Jurisprudenz, welches ihn aber weit weniger interessierte, als ausgedehnte Touren mit dem Auto und dem Motorrad. Das Kennenlernen neuer Menschen und die Entwicklung von Plänen zur Umgestaltung der Beziehungen Deutschlands zu Osteuropa kennzeichneten seine damalige Einstellung. Ein besonderes Anliegen war es ihm, dem Westen Deutschlands die Probleme des Ostens nahe zu bringen. Dabei trat er stets für eine Bodenreform und die Aufteilung des Großgrundbesitzes zugunsten einer besseren Sozial- und Gesellschafts-ordnung ein. Sein Studium führte ihn nach Berlin, Breslau und Wien. Dazu kam eine rege Reisetätigkeit, die ihn nach seiner Heirat auch zu Verwandten nach Südafrika führte. Dort lernte Moltke ein System rassischer Politik und Ausbeutung kennen und erkannte neben der moralischen Fragwürdigkeit auch die ökonomischen Schwächen eines solchen Systems. Während seiner Reisen und vielfältigen Studien lernte Moltke viele Menschen, Politiker, Journalisten und Intellektuelle kennen, mit denen er regen Austausch pflegte. 1929 übernahm Moltke die Leitung des hochverschuldeten Familiengutes. Obwohl er nur wenig Neigung zu dieser Aufgabe verspürte, gelang es ihm mit Fleiß und Energie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Großgrundbesitzes zu ordnen und innerhalb einer erstaunlich kurzen Zeit das Gut trotz der Wirtschaftskrise zu sanieren. Dabei versuchte er seine Bediensteten möglichst gerecht zu entlohnen. Die Anzeichen des Niederganges und das Erstarken der NSDAP nahm Moltke sehr ernst, zumal er Hitlers Mein Kampf kannte und das parlamentarische System verteidigte. Nach Besserung der ökonomischen Lage des Gutes ging er nach Berlin und setzte seine juristische Ausbildung fort, die er 1934, inzwischen verheiratet, mit dem Examen abschloß.
Aufgrund der NS- Herrschaft verfolgte er seinen ursprünglichen Berufswunsch eines Richters nicht weiter. Er erlangte dann noch die Zulassung als englischer Anwalt, was ihm ermöglichte des Öfteren nach England zu reisen und dort Kontakte zu hochgestellten Persönlichkeiten zu pflegen und zu vertiefen. Heftig kritisierte er die britische Appeasement- Politik, deren Folgen er schon früh voraussah. Von Anfang an gehörte er zu den Gegnern der Nationalsozialisten. Obwohl auch Moltke eine Art Volksgemeinschaft, eine Vereinigung der sozialen Unterschiede, anstrebte, waren ihm die brutalen Methoden und Ziele der Nazis zuwider. Aus einer christlich- humanistischen Grundhaltung erwuchs in ihm schon sehr früh der Wille zum Widerstand. Als Rechtsanwalt vertrat er die Opfer der NS- Herrschaft und verhalf so manchem Bedrohten zur Flucht ins Ausland. Durch seine Kontakte und Beziehungen wurde er der zentrale Punkt einer Gruppe Intellektueller und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich zusammenfanden, um die Überwindung der NS- Herrschaft und eine bessere europäische Staatenordnung zu diskutieren. Nach deren Versammlungsort, dem Sitz von Moltkes Landgut nannte man diese Gruppe dann den Kreisauer Kreis. Von den konkreten Umsturzplänen einiger Militärs im Jahre 1938 wußte er aber noch nichts. Kontakte zu den militärischen Widerstandszirkeln ergaben sich konkret erst, mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Als Nichtfeldverwendungsfähig wurde er als Sachverständiger für Kriegs- und Völkerrecht in die Abteilung Ausland der Abwehr eingesetzt. Die Abwehr, zuständig für die militärische Spionage und Gegenspionage, wurde geleitet von Admiral Canaris, ebenfalls ein Gegner der Nazis und mit beteiligt an der Widerstandsaktion von 1944. Moltke nutzte seine Dienststellung bis zu seiner Verhaftung 1944 zum individuellen Widerstand und half Gefangenen, Verfolgten und Geiseln des faschistischen Terrors, wo er nur konnte. Dienstreisen in das In- und Ausland nutzte er, um die Verbindungen des Widerstandes zum Ausland zu vertiefen und neue Kontakte zu knüpfen. Moltke beteiligte sich jedoch nicht aktiv an den Umsturzplänen der Militärs 1944, da er Gewalt ablehnte. Andere Mitglieder des Kraisauer Kreises schlossen sich erst nach Moltkes Verhaftung dem aktiven Widerstand an. Zwischen beiden Gruppen bestand eine grundsätzliche Abneigung. Dem militärischen Widerstand galt der Kreisauer Kreis als ein intellektueller Debattierclub ohne die Kraft zum Handeln. Umgekehrt sprach Moltke den Generälen jedes politische Vermögen ab und hielt die beteiligten konservativen Politiker, namentlich Goerdeler, für Dilletanten. Am 18. Januar 1944 verhaftete die Gestapo Moltke plötzlich und unerwartet. Der Grund dazu war aber nicht seine Funktion im Kreisauer Kreis, sondern das vom SD schon lange argwöhnisch beobachtete, verdächtige Wirken in seiner Dienststellung in der Abwehr. Er verbrachte mehrere Monate in „ Schutzhaft“, bevor erst im Zusammenhang mit dem Bombenattentat auf Hitler am 20. Juli 1944 auch der Name des Kreisauer Kreises in den Berichten des SD auftauchte und damit auch Moltke mit dem Umsturzversuch in Verbindung gebracht wurde. Dessen Mitglieder wurden verhaftet, verhört und dann vor dem Volksgerichtshof abgeurteilt. Mit vielen anderen wurde Moltke wegen besonders schweren Hochverrates zum Tode verurteilt. Helmuth James Graf von Moltke wurde am 23. Januar 1945 in Plötzensee hingerichtet. Man berichtet, daß er an seinem Todestag heiterer Stimmung war und freudig in den Tod ging.