Gründerjahre
Die zwei Jahre von 1871 bis 1873 nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges resp. der Reichsgründung, die durch einen starken wirtschaftlichen Aufschwung gekennzeichnet waren. Die Ursachen waren eine allgemeine deutsche Euphorie angesichts des Sieges über Frankreich, ein Nachfrageüberhang nach den Produktionseinschränkungen des Krieges, die Schaffung eines deutschen Großwirtschaftsraumes durch den weitgehenden Zollabbau, und nicht zuletzt die französischen Kriegsentschädigungen in Höhe von 5 Mrd. Goldfrancs, die zu einer erheblichen Geldmengenausweitung führten und dem Reich eine rasche Rückzahlung seiner Anleihen ermöglichten. Durch ein schon 1870 erlassenes Gesetz gefördert, das nur mehr die Registrierungs-, nicht aber die Genehmigungspflicht vorschrieb, wurden in den zwei Jahren 843 Aktiengesellschaften gegründet. Der Konjunkturaufschwung verdeckte zunächst, daß der unternehmerische Eifer von einer ungesunden Spekulationspolitik, einer Verwilderung des Geschäftgebarens und von rücksichtsloser Ausnutzung des individuellen Vorteils begleitet war. Die großen Gefühle der Gründerjahre endeten 1873 mit einem allgemeinen Kurssturz und leiteten eine langanhaltende Konjunkturschwäche, die sogenannte "Große Depression" ein.