Notverordnung
Bezeichnet eine Verordnung, mit der die Exekutive (das Staatsoberhaupt) in Fällen besonderer Dringlichkeit oder in akuten Notsituationen auf die Legislative (Parlament) verzichten und eigenmächtig Verfügungen treffen kann, die ihr sonst nicht zustehen. Die Notverordnungen bedeuten demnach eine vorübergehende Aufhebung der Gewaltenteilung als einem der wichtigsten Prinzipien der neuzeitlichen Demokratien, die nur situativ gerechtfertigt sein sollte, und nur dann, wenn dem Staat existenzielle Gefahr droht. Besondere Bedeutung erlangten die Notverordnungen in der Anfangs- und Endphase der Weimarer Republik. Die Verfassung von 1919 bot die Möglichkeit von Notverordnungen auf der Grundlage von Art. 48, dem sog. Diktaturparagraph, der 1923/24 und zwischen 1930 und 1933 mehrfach angewendet wurde. Er ermächtigte den Reichspräsidenten, die zur "Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" notwendigen Maßnahmen zu treffen, die Streitkräfte einzusetzen und die wichtigsten Grundrechte vorübergehend außer Kraft zu setzen. In der krisengeschüttelten Weimarer Republik wurde jedoch der Notverordnungsparagraph immer mehr zum eigentlichen Instrument der Regierung, bis die Nationalsozialisten im März 1933 mit Zustimmung des Parlaments (aber gegen die Stimmen der SPD) das " Ermächtigungsgesetz" erließen, "das zur Behebung der Not von Volk und Reich" die Ausnahme als Dauersituation etablierte und die Grundlage für die diktatorischen Verfügungen des Dritten Reiches bildete.