Sendemanuskript: Preußen - Chronik eines Deutschen Staates
5. "Heil Dir im Siegerkranz" - die Zeit des Wilhelminismus (1871 -1918)
Autoren: Ute Bönnen und Gerald Endres
Anmoderation:
Ist es ein Grund zu feiern oder zu trauern? Es ist der Anfang vom Ende Preußens. Aus dem preußischen Königreich ist ein deutsches Kaiserreich geworden. Die Hohenzollern sind auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Am Ende werden sie vom Thron verjagt. Aber sie haben dem Zeitalter ihren Namen gegeben - ihren Vornamen - die Wilhelminische Epoche. Es ist die Zeit der Pickelhauben. Deutschland wird preußisch und Preußen wird deutsch. Herrlichen Tagen führe ich euch entgegen, ruft Wilhelm II. seinem Volk zu. Die Wirklichkeit sieht wie immer anders aus.
0:00 | Reihenvorspann |
0:30 Druckmaschine | (0:33) 1871. Extrablätter melden die Vereinigung Deutschlands. Von jetzt an ist Preußen kein selbständiger Staat mehr, sondern Teil des deutschen Kaiserreichs. |
0:47 Quadriga | Folgentitel (Marschmusik) |
1:05 Pferdehufe Brandenburger Tor Pferdehufe | Deutsche Soldaten ziehen als Sieger durch das Brandenburger Tor. Sie haben Frankreich geschlagen und Deutschland mit Blut und Eisen geeint. Preußen hat einen Höhepunkt seiner Geschichte erreicht. |
1:22 Wilhelm I. Pferdhufe 1:39 Wilhelm I. und Bismarck | Der Preußische König ist jetzt auch Kaiser der Deutschen, Wilhelm I. wird zur Symbolfigur des neuen Reiches. Doch gerade Wilhelm hatte die Selbständigkeit Preußens nie aufgeben wollen. Nur widerstrebend folgt er den Plänen seines Ministerpräsidenten Bismarck, der jetzt auch Reichskanzler ist. |
Katharina Thalbach 1:43 | "Herrscher im Preußenland, Vater des Vaterlands, voll Herrlichkeit, zu Gottes Himmelshöhen gläubig wir aufwärts sehen, herr für dein Wohlergehen, beten wir heut." In ganz Deutschland mussten die Mädchen jetzt das Aufsagen zu Kaisers Geburtstagen üben. Aber ... "Herrscher im Preußenland" das kam bei den Bayern nicht gut an. Den Süddeutschen hat es ohnehin nicht gepasst, dass sie jetzt von den Preußen regiert wurden. Da hat man doch lieber das genommen - "Heil dir im Lederkranz, Vater des Vaterlands, heil Kaiser dir." Der ganz große Rummel, der große nationale Feiertag, der war an die Person des Kaisers gebunden, das war Kaisers Geburtstag. Da wurden die Mädchen in Festkleider gesteckt. Und das alles für einen Mann, der eigentlich viel lieber preußischer König geblieben wäre. Ebenso. "Herrscher im Preußenland, Vater im Vaterland, voll Herrlichkeit." |
3:10 Karikaturen 3:21 Karte 3:28 Siegessäule | Der preußische Adler wirft seinen Schatten über ganz Deutschland. Das Reich wird aus Berlin regiert. Das vereinte Deutschland hat viele Länder, aber Preußen allein ist größer als alle anderen zusammen. (3:33) Die wichtigen Entscheidungen fallen unter der Berliner Siegessäule, es gibt keine wirkliche Reichsregierung, keine Reichsminister. Der preußische Ministerpräsident ist in aller Regel auch Reichskanzler, und seine Staatssekretäre sind auf die preußische Ministerialbürokratie angewiesen. |
3:52 Karikaturen | Preußen hat sich große Teile Deutschlands einverleibt und befiehlt über den Rest. In ausländischen Karikaturen wird Wilhelm als Länderfresser dargestellt. |
4:12 Landschaften Herrmannsdenkmal 4:22 Land Gutshäuser 4:52 Kleinstadt | (4:14) Bismarck hat den Traum von der Deutschen Einheit wahr werden lassen, einen Traum, der sich auch in Germanenkult und Deutschtümelei äußert. (4:30) Doch da wo Preußen am preußischsten ist, nimmt man Bismarck die Reichsgründung übel. Die preußischen Konservativen, die Junker auf ihren Herrensitzen haben viele Jahre gegen das Einigungsstreben der Demokraten gekämpft. Sie verteidigen das alte Preußen, - und sie haben das Sagen auf dem Land und in den kleinen Städten. (4:52) Ihre Macht wird durch das Dreiklassenwahlrecht gesichert, bei der Wahl zum preußischen Landtag ist die große Mehrheit der Bevölkerung von wirklicher Mitentscheidung ausgeschlossen. |
5:05 Wasserlandschaft Hof | (5:10) Die Landschaft östlich der Elbe mit ihren großen Gutshöfen prägt Preußens Herrenschicht und die preußische Politik. |
5:18 Mosellandschaft | Doch Preußen reicht bis zur Mosel und zur Saar, und die katholische Bevölkerung dort fühlt sich nicht besonders preußisch. Das liegt schon an der Religion. |
5:30 prot. Kirche | Die Hohenzollern sind Protestanten und der preußische König ist religiöses Oberhaupt der protestantischen Landeskirche. |
5:38 Karikatur Kulturkampf | Preußens Probleme mit katholischen Rheinländern und Polen trägt Bismarck in die Reichspolitik. 1872 beginnt der Kulturkampf. Da die Katholiken und ihre politischen Vertreter angeblich noch anderen Herren dienen, werden sie als Reichsfeinde abgestempelt. |
5:59 Kaiserpanorama | Doch das Land wächst zusammen. Neue Medien wie das "Kaiserpanorama" bringen Bilder aus der weiten Welt zu den Menschen, und Berlin ist unangefochten Deutschlands Metropole. (6:17) Immer wieder werden die Prachtbauten der Hauptstadt gezeigt... (6:27) und natürlich immer wieder der Kaiser. |
6:36 | Eine neue Zeit beginnt. Nach dem Sieg über Frankreich bringen die Reparationen Geld ins Land. Das löst eine Welle von Firmengründungen und fieberhafte Spekulationen aus. (6:56) Die Industriearbeiterschaft nimmt zu, Bismarck sucht eine Lösung der sozialen Probleme die zum alten Weltbild paßt: Die Organisationen der Arbeiter werden verboten, aber gegen den Widerstand der Industrie führt der Kanzler die Sozialversicherung ein. 87:25) Ein preußisches Prinzip soll ins Industriezeitalter gerettet werden: Treue und Gehorsam des Untergebenen gegen Fürsorge des Herrn. |
7:38 | Bisher verschlafene kleine Städte verändern sich. Mietskasernen werden neben alten Bauernhäusern gebaut. Die Menschen sind beweglicher geworden, viele ziehen vom Land in die Stadt. |
7:57 östliche Kleinstadt 8:12 Landschaft | In den dünnbesiedelten östlichen Landesteilen wächst der Anteil der polnischen Bevölkerung. Die Angst vor einer Polonisierung des preußischen Ostens geht um. (8:15) Ab 1885 32 000 Polen und Juden ausgewiesen, die keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Doch die großen Güter sind auf die polnischen Saisonarbeiter angewiesen, die von jenseits der russischen Grenze kommen. Ein Siedlungsgesetz soll Deutsche in den Osten anlocken, und die preußische Obrigkeit versucht ihre polnischen Untertanen mit Zwang einzudeutschen |
8:39 Karikaturen | In der Schule werden auch polnische Kinder preußisch-protestantisch unterrichtet. Polnische Vereine werden behindert, öffentliche Veranstaltungen sollen nur noch in Deutsch stattfinden. |
8:53 Kaserne Zappelbilder | Und alle müssen sie "zu den Preußen", zum Militär. Stockkonservativ sind die preußischen Militärs, aber offen für technischen Neuerungen. Die Bilder lernen gerade zu laufen, da vergeben 1885 das preußische Kulturministerium und das Kriegsministerium gut bezahlte Aufträge für solche Studien. Aufgezeichnet werden die Bewegungsabläufe von Soldaten. |
9:29 | Denn am Exerzierreglement kann man immer etwas verbessern. |
9:32 9:47 Friedrich III. | (9:38) 1888 stirbt Wilhelm I. im Alter von 90 Jahren. (9:47) Auf seinen Sohn, Friedrich III. richten sich große Hoffnungen. Er gilt als aufgeschlossen und liberal. Doch Friedrich regiert nur 99 Tage. Er stirbt an Kehlkopfkrebs. |
10:00 Wilhelm II. | (10:00) Kaiser wird der Enkel des Reichsgründers. Unter Wilhelm II. herrschen Uniform und Untertanengeist, - und einer macht sich das zunutze: Der Hauptmann von Köpenick. |
10:12 Katharina Thalbach | Katharina Thalbach Das ganze Halt! Links um! Augen geradeaus! Rührt euch! Der Hauptmann von Köpenick - den kann jeder spielen. Nur die Uniform ist wichtig, ob ich darin stecke oder ein mikriger Schuster - das ist nicht die Frage. Auf die Uniform kommt es an, vor der wird gekuscht. Seine Majestät, der Kaiser war sehr amüsiert über diese Geschichte - natürlich ihm hat es gefallen, dass seine Untertanen sofort Haltung angenommen haben, so bald ein Offizier aufgetaucht ist. Eigentlich war Wilhelm II. ja ein Kollege, ein Kaiserdarsteller. Hauptsache seine Inszenierung kam gut über die Bühne und die hatte den Titel "Der Kaiser von Gottesgnaden und sein wehrhaftes Reich". Weggetreten! Na also, besser! Nur ein guter Schauspieler muß auch ein bißchen was von der Figur verstehen, die er spielt. Und genau da, haperte es bei Wilhelm II.. Weggetreten! Danke! Selbst die treuesten Anhänger der Hohenzollern Monarchie bekamen das Grauen, wenn seine Majestät sich mal wieder in die Politik einmischte. Der Kaiser vertrug einfach keinen Widerspruch. Er pflegte zu sagen: "Den zerschmettere ich." Und manche Berliner, die ja, wir wissen es keinen Respekt nicht haben, beschrieben die Hohenzoller Kaiser so: "Der greise Kaiser, der weise Kaiser und der scheiße Kaiser." |
11:58 | (11:03) Majestät liebt Pomp und Paraden. (11:11) Es beginnt die Zeit des "persönlichen Regiments". Der Kaiser mischt sich in die Tagespolitik ein, und alles soll anders werden, - aber bitte im Gleichschritt. (11:30) Seit dem Sieg über Frankreich war Bismarcks Außenpolitik auf diplomatischen Ausgleich bedacht. Das gilt jetzt als altmodisch. Modern ist es, forsch und aggressiv aufzutreten, Gewalt erscheint als selbstverständliches Mittel im Konkurrenzkampf der Völker und Staaten |
12:48 Kaiser | Der Kaiser setzt seine politischen Vorstellungen durch. |
12:56 Bismarck | 1890 wird Bismarck aus seinem Amt als Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident entlassen |
13:02 Parade/Häuser | (13:06) Preußen verändert sich unter Wilhelm II. (13:11) Vorbei ist es mit den traditionellen preußischen Tugenden, der Nüchternheit, der Bescheidenheit in der persönlichen Lebensführung und dem zweckgerichteten Handeln. (13:29) Schwadronieren, phantastische Pläne und Protz treten an ihre Stelle. |
13:37 Dom | Neubauten wie der 1895 fertiggestellte Berliner Dom markieren den Anspruch auf Macht und Größe. |
13:50 Kaiser, Bürgerlicher | Die altpreußische Achtung soldatischer Tugenden schlägt um in einen hemmungslosen Militarismus. Dabei machen auch große Teile des Bürgertums und der Arbeiterschaft mit. |
14:03 Karikaturen | Der schneidig-schnarrende, arrogante Leutnant wird das preußische Markenzeichen. Er steht über jedem Zivilisten. |
14:13 | (14:17) Und das Bürgertum? Es akzeptiert bereitwillig den Vorrang der adligen Herrn in der Gesellschaft und der Regierung, schließlich kämpft man gemeinsam gegen den Umsturz, die Bedrohung von unten. Man macht Geschäfte und nimmt die politische Unmündigkeit in Kauf. |
14:40 Negerfresser | Schließlich weckt die expansive Politik neue Hoffnungen. Macht und Reichtum erwartet man sich jetzt von den Kolonien. |
14:50 Karnevalszug | Der Kölner Karnevalszug - sonst nicht gerade ein Hort preußischer Gesinnung - zeigt schon die Afrikaner mit Pickelhaube und beim preußischen Drill. |
15:06 15:23 Arbeiter 15:40 Industrie | Wirtschaftlich erlebt das Reich einen ungeheuren Aufschwung. Schon 1893 produziert Deutschland mehr Stahl als Großbritannien, das Mutterland des Industriekapitalismus. Polnische Landarbeiter aus Preußens östlichen Agrargebieten kommen in großer Zahl in den Westen. Die großen eisenverarbeitenden Industriezentren in Deutschland sind preußisch, sie liegen an der Ruhr und an der Saar, wo das Erz aus Lothringen verhüttet wird. |
16:06 Berlin, Straßenbahn | Berlin ist elektrisiert. Die Hauptstadt wird Zentrum der Zukunftstechnologie der damaligen Zeit, der Elektroindustrie. Hier fahren die ersten elektrischen Straßenbahnen, und das neue Verkehrsmittel wird zu einem Exportschlager (16:30) 1907 lebt mehr als die Hälfte der Beschäftigten der deutschen Elektroindustrie im Großraum Berlin. |
16:45 AEG | AEG und Siemens errichten in und um Berlin riesige Werksanlagen. 1914 wird Deutschland 50 Prozent des Welthandels an Elektrogeräten bestreiten. |
17:00 | Gleichzeitig ist Berlin ein Zentrum der Wissenschaft. Hier werden bahnbrechende Entdeckungen in der Medizin und in den Naturwissenschaften gemacht. Die Kaiser-Wilhelm-Institute werdn zu einem deutschen Oxford - wie es damals heißt. |
17.22 Wilhelm | Und der Kaiser gilt als ein Mann des technischen Fortschritts. Als einer der ersten schafft er sich ein Automobil an. |
17:34 Mittellandkanal | Der Bau von Wasserstrassen liegt Wilhelm besonders am Herzen. Der Mittellandkanal, ein ehrgeiziges Projekt mit Kanalbrücken und großen Schleusen. soll Preußen auf dem Wasser vereinen, er soll die Schifffahrtswege am Rhein mit den Wasserstraßen an Elbe, Havel und Oder verbinden. Doch da stößt der Kaiser auf den Widerstand ausgerechnet seiner ostelbischen Rittergutsbesitzer. Sie fürchten den Import billiger Agrarprodukte auf dem Wasserweg. Das preußische Abgeordnetenhaus sorgt im Jahr 1900 dafür, dass ein wichtiges Verbindungsstück nicht gebaut wird. Der Kaiser ist verstimmt. |
18:18 Güter, Gutsbesitzer Land | Doch die Rittergüter östlich der Elbe sind in Not. Noch sitzen die Gutsherren im Sattel, aber ein großer Teil der Güter ist überschuldet, sie werden nicht effektiv bewirtschaftet, und ihre Produkte sind auf einem internationalen Markt nicht konkurrenzfähig. Importzölle sollen die preußischen Agrarier schützen. |
18:42 Denkmale 18:54 Porta 19:11 Dt. Eck | Die wirtschaftliche Grundlage der preußischen Herrenschicht bröckelt, aber noch wird das vom Kult um die Monarchie überdeckt. An markanten Orten stehen Denkmäler der Reichsgründer Bismarck und Wilhelms des Ersten, - "des Großen" wie ihn sein Enkel nennt. Von der Porta Westfalica schaut er über die norddeutsche Tiefeben nach Berlin Am deutschen Eck bewacht der alte Kaiser den deutschen Rhein. |
19:20 Gedächtniskirche | Und in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche werden die Hohenzollern auf byzantinische Weise verherrlicht. |
19:30 Straße 19:49 Amtsgebäude | Technisch, wirtschaftlich und wissenschaftlich ist dieses Preußen ein fortschrittlicher Staat, doch die Gesellschaft verharrt im Stillstand. Dafür sorgt schon die preußische Verwaltung. Sie verlangt nicht nur unbedingte Treue, der Weg in höhere Ämter ist langwierig und teuer, ihn kann nur gehen, wer Besitz im Hintergrund hat. Und die höchsten Ämter in Verwaltung, Justiz und Militär sind den Herren vom Adel vorbehalten. Ein Bürgerlicher hat kaum eine Chance dorthin zu gelangen, und schon gar nicht ein Katholik oder Jude. Es erregt Erstaunen, wenn ein Mann ohne eigenes Gut, ein Mann "ohne Ahr und Halm" zum Ministerpräsident berufen wird. Nicht nur in der gerade modischen Architektur, auch in den Köpfen herrscht oft der Rückgriff auf das Mittelalter. |
20:23 | Dennoch empfinden zum Beispiel viele jüdische Bürger Loyalität gegenüber diesem Staat. Im nüchternen Preußen kam die gesetzliche Gleichstellung der Juden früher, der Antisemitismus ist geringer als in vielen andern Ländern. Preußen wird Zuflucht verfolgter russischer Juden. |
20:47 Parade | Im übrigen Deutschland nimmt man die preußische Vorherrschaft hin, - sogar in Bayern. |
20:53 Karikatur | Ein bayrischer Prinzregent mag sich nicht so schneidig aufführen wie der preußische König |
20:58 | Aber auf Besuch in Berlin wippt er halt ein bisserl ungeduldig und lässt die preußischen Grenadiere an sich vorbeidefilieren. |
21:17 Panorama, Kaiser | 1908 weckt ein großmäuliges Interview des Kaisers mit dem Daily Telegraph ernsthafte Zweifel, ob der Monarch noch ganz bei Trost ist. Wilhelm hält sich künftig mit Worten etwas zurück. |
21:31 Schiffe | Doch seine Politik geht weiter. Deutschland strebt nach einem "Platz an der Sonne". Der Anspruch auf Kolonien treibt die alten Kolonialmächte Frankreich und England in eine gemeinsame Position gegen Deutschland. Das Reich rüstet sich zur Seemacht hoch, und wird damit zur Bedrohung für das britische Empire. |
21:53 | (21:55) Das Land treibt einen Kult um seine "schimmernde Wehr" und lebt doch vier Jahrzehnte schon im Frieden. (22:10) Der preußische Adel war immer bereit, seine Söhne im Krieg zu opfern, Jetzt haben bald zwei Generationen von Junkern ihre Privilegien genossen, ohne dafür bluten zu müssen. |
22:25 Panorama, Vereine | Ihr Geist und ihre Ehrbegriffe sind tief in die Gesellschaft eingedrungen. In Kriegervereinen und Studentenkorps üben auch Bürgerliche säbelrasselnde Rituale |
22:41 | Da werden die Bismarcktürme zur mahnenden Erinnerung an eine Zeit, als der alte Kanzler den friedlichen Ausgleich in Europa suchte. |
22:50 Völkerschlachtdenkmal | 1913, zum hundertsten Jubiläum der Siege über Napoleon, werden in ganz Deutschland Denkmäler eingeweiht. Ein Kult des Krieges und der Nation wird gefeiert. (22:07) Ein Jahr später ist der Krieg Wirklichkeit. Der Kaiser erklärt: |
23:10 Wilhelm | O-Ton Wilhelm (23:30) Wilhelm kennt keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche |
23:34 Marschierende 23:56 Meester Krieg | (23:41) Begeistert ziehen die Männer in den Krieg. (23.51) Es ist ein Kampf mit neuen Techniken und Regeln. Das preußische Kriegsministerium subventioniert den Freiwilligen Oskar Messter, der mit seinen Filmen von der Front das Prinzip der Wochenschau einführt. Krieg heißt jetzt auch Propaganda. Die Moral der Soldaten soll gestärkt werden. |
24:25 Presse | Erste Siegesmeldungen laufen ein. Hindenburg hat den russischen Einmarsch in Ostpreußen zurückgeschlagen. |
24:40 Kriegsrealität | Doch bald wird klar, dass der Krieg kein romantisches Abenteuer ist. Der schnelle Sieg bleibt aus. Verlauste, hungernde Soldaten in den Gräben sehen es nicht mehr ein, dass die Herren Offiziere soviel besser versorgt werden. Und immer mehr fragen sich, wofür und für wen sie diese Opfer auf sich nehmen. |
25:13 | Da hilft auch kein Propagandakitsch. |
Im April 1917 bietet Wilhelm II. die Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechts an. Dieses Versprechen kommt viel zu spät. Im November 1918 muss der Kaiser abdanken. | |
25:32 Neues Palais innen | Wilhelm hatte noch überlegt, ob er auf das Kaisertum verzichtet, aber die preußische Königskrone behalten soll. |
25:44 Palais außen Siegesallee | Doch die Herrschaft der Hohenzollern ist zu Ende |
25:51 Brandenburger Tor | Jetzt ziehen Revolutionäre durch das Brandenburger Tor. An der Quadriga weht die rote Fahne |
26:10 Katharina Thalbach | Katharina Thalbach Revolution. Revolution. Jetzt ist es aus mit dem Hoftheater hier im Neuen Palais. Aus und vorbei. Der Kaiser braucht seinen Stammplatz nicht mehr. Der ist nämlich abgehauen. Naja, einen ganzen Güterzug hat er noch mitgenommen - voll mit Möbeln und anderem wertvollem Kram, hier aus dem Neuen Palais, brauch er ja schließlich. Es ist Revolution, Herr Kaiser. Und Preußen ... Preußen, wenn man damals gesagt hat, man geht zum Militär, sagte man: "Ich gehe zu den Preußen:" Und dieses Preußen hat den Krieg verloren. Einen Krieg, der schlimmer war als was man sich vorher überhaupt vorstellen konnte. Und die Preußen, das waren die Offiziere, die arroganten Schinder in den Schützengräben, denen man jetzt endlich die Abzeichen abreißen konnte. Aber, aber Preußen war auch die Erinnerung an Kameradschaft, an Ordnung, an klare Verhältnisse ... Viele kamen mit der neuen chaotischen Zeit nicht zurecht. Die Hohenzollern waren weg. Gut! Aber Preußen im Kopf, Preußen der Staat, die waren ja noch da. Und dann gab es auf einmal eine völlig überraschende Wendung wie in einem spannenden Theaterstück. Preußen, der Staat Preußen - der sich während der Kaiserzeit vehemend gegen jede Demokratisierung gewährt hatte, genau dieses Preußen war während der Weimarer Republik geradezu ein Bollwerk für die gefährdete Demokratie. Aber das zeigen wir in der nächsten Folge. |
27:56 | Schlußbilder (Brandenburger Tor) |
28:28 | Ende |