Karte 1763
Francois Marie Arouet, bekannt als Voltaire Francois Marie Arouet, genannt Voltaire

François-Marie Arouet
"Voltaire"

geboren21.11.1694 in Paris

gestorben30.5.1778 in Paris

Philosoph, Schriftsteller

François-Marie Arouet, der sich später „de Voltaire“ nannte und dem Künstlernamen ein Adelsprädikat beifügte, wurde als fünftes Kind des bürgerlichen Notars François Arouet und der adligen Marie-Marguerite Daumart de Mauléon geboren. Die Mutter starb bereits 1701, und der Vater gab François 1704 in das Jesuitenkolleg Lycée Louis-le-Grand, ein kostspieliges und rennomiertes Internat, das der Sohn 1711 verließ und trotz seiner lebenslangen antiklerikalen Einstellung in guter Erinnerung behalten hat. Nach dem Willen des Vaters sollte er anschließend Rechtswissenschaften studieren, doch François wollte Schriftsteller werden und hielt sich mehr in Cafes und in den Adelshäusern im Bezirk Le Temple auf, in die ihn sein libertinärer Patenonkel, der Abbé Châteauneuf einführte. Der Vater, wenig erfreut über den Lebenswandel seines Sohnes, gab ihn als Page in den Dienst des französischen Gesandten in Den Haag, des Bruders des Abbé de Châteauneuf, mit dem er 1713 nach Holland reiste. Dort verliebte er sich in Olympe („Pimpette“) Dumoyer, die Tochter hugenottischer Emigranten, doch scheiterte die Verbindung mit dem jungen bürgerlichen Habenichts aus Paris am Widerstand ihrer Eltern und des Vaters, der drohte, seinen Sohn zu enterben und in die Verbannung auf die amerikanischen Antillen zu schicken. François fügte sich zunächst und trat als Advokatengehilfe in eine Kanzlei ein.
1715 starb Ludwig XIV. Die Regentschaft für den minderjährigen Königs Ludwig XV. übernahm der Herzog Philipp von Orléans, der dem Parlament zwar einige Rechte zurückgab und auch die religiösen Verfolgungen weitgehend einstellen und die Zensur drosselte. Wegen seines ausschweifenden Liebeslebens gab er jedoch ausufernden Skandalgeschichten Nahrung. Ein satirisches Poem tauchte auf, als dessen anonymer Autor François Arouet identifiziert wurde, der die Verfasserschaft bestritt, seine Unschuld jedoch nicht beweisen konnte. Philipp von Orléans ordnete seine Verbannung in die Provinz an, doch konnte sich François den Ort selbst aussuchen und wählte das Schloss der Herzogs Sully, mit dem die Familie Arouet befreundet war. François, der zunächst versucht hatte, die Gunst des Regenten mit gereimten Schmeicheleien zurückzugewinnen, in denen er den Herzog von Orléans ungeniert als „Liebling der Götter, Stütze des Volkes“ bezeichnet hatte, durfte auf Fürsprache seiner adligen Gönner bereits nach 8 Monaten nach Paris zurückkehren, war dann jedoch unvorsichtig genug, in den Cafés über die fürstliche Willkür zu klagen und sich öffentlich als Verfasser jenes satirischen Poems zu bekennen, dessen Urheberschaft er zuvor bestritten und die ihm doch bereits die Verbannung eingebracht hatte. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. „Sieur Arouet fils“, wie es in der Verfügung hieß, wurde 1717 denunziert, verhaftet und für fast ein Jahr in der Bastille festgesetzt.
Nach seiner Freilassung 1718 hatte er zunächst Erfolg in Paris. Seine erste Tragödie („Œdipe“) wurde in der Comédie Française uraufgeführt, Philipp von Orléans setzte ein Jahressalair von 1.200 Livres aus. 1725 wurden bei der Hochzeit Ludwigs XV. gleich drei seiner Stücke aufgeführt, und auch dieser Regent sprach ihm eine jährliche Apanage zu. Außerdem trat er als Makler auf und beteiligte sich an Warentermingeschäften, so dass der nunmehr 30jährige als der bestverdienende Literat von Paris galt.
Doch bereits 1726 fand sich „de Voltaire“ in der Bastille wieder, diesmal war es nicht die Zensur, sondern die Anmaßung adliger Privilegien. Unter Benützung des Pseudonyms, das ihn gerade in das Gefängnis gebracht hatte, reichte er ein Gesuch um Ausreise nach England ein und erhielt mit der Zustimmung seine Freilassung. Auch in England fand er die Unterstützung adliger Mäzene und den Zugang zum königlichen Hof, verdiente an den Tantiemen der Londoner Ausgabe der „Henriade“ sehr gut und kehrte Anfang 1729 nach Frankreich zurück, wo ihm bis 1732 mit dem dann oft gespielten Stück „Zaire“ zunächst mehr geschäftliche als literarische Erfolge gelangen. Bereits 1734 drohte mit der illegalen Veröffentlichung der „Philosophischen Briefe“ wieder die Zensur mit Verhaftung, der er sich durch Flucht aufs Land entzog. Die nächsten fünfzehn Jahre lebte er mit der Marquise Emilie du Châtelet auf Schloss Cirey, was nicht verhinderte, dass er 1745 zum Historiographen Ludwigs IV. und 1746 zum Mitglied der Académie Française ernannt wurde.
Erst nach dem plötzlichen Tod seiner adligen Gönnerin du Châtelet entschloss sich Voltaire 1750, der jahrelang wiederholten Einladung Friedrichs II. an den preußischen Hof zu folgen. In Sanssouci genoss der antiklerikale Monarchist für die nächsten drei Jahre die finanzielle Zuwendung des Königs, viel Zeit zum Schreiben und die einzige Phase in seinem Leben, in der er absolute Redefreiheit hatte und nicht von Zensur bedroht war. Es waren andere Gründe, weshalb der preußische Monarch am Philosophen Voltaire zunehmend das Philosophische vermisste und schließlich ausrief: „Gütiger Gott, wie kann soviel Geist mit soviel Schlechtigkeit gepaart sein!“ Voltaire hatte gleich nach seiner Ankunft begonnen, eigene Geschäfte zu machen und verklagte 1751 den Juwelenhändler Abraham Hirschel, weil er sich bei einem gemeinsamen Diamanthandel hintergangen fühlte. Eine ernsthafte Missstimmung tauchte auf, als der preußische König entdecken musste, dass sich Voltaire an illegalen Transaktionen mit sächsischen Steuerkassenscheinen beteiligt hatte. Der König schrieb ihm zornig: „Derartige Dinge hinterlassen ihre Flecken; selbst mit den Gaben des geistreichsten Mannes von Frankreich würden sie einen Makel nicht zudecken können, den ein derartiges Benehmen auf die Dauer ihrem Rufe aufdrücken müsste.“
Außerdem war der Gast Voltaire dazu übergegangen, einen anderen Teilnehmer der Tafelrunde in Sanssouci, den Mathematiker und Akademiepräsidenten Maupertuis zu attackieren. Vielleicht, wie Friedrich II. vermutete, hatte Voltaire „Lust bekommen, Präsident unserer Akademie zu werden“ und „das beste Mittel, dies zu erreichen, schien ihm, Maupertuis lächerlich zu machen“. 1752 verfasste Voltaire die „Diatribes du docteur Akakia“, vom König als „schändlichste Satire gegen Maupertuis“ bezeichnet. Weil er wusste, dass er dafür keine Druckgenehmigung bekommen würde, ließ sich Voltaire eine andere Publikation genehmigen, täuschte den Verleger und ließ mit scheinbar königlicher Erlaubnis den „Akakia“ drucken. Der König gab Befehl, die druckfrischen Exemplare, soweit sie nicht bereits in den Handel gelangt und verkauft worden waren, zu verbrennen. Voltaire, der 1753 um seine Entlassung ansuchte, wurde bei seiner Ausreise verhaftet und für kurze Zeit in Frankfurt am Main festgesetzt, weil er ein Exemplar der vom König verfassten und nur im Privatdruck verlegten „Œuvres du Philosophe de Sanssouci“ nicht wie gefordert zurückgegeben hatte. Auch das war eine Geste, die er Friedrich II. nicht verzieh, obwohl die beiden Männer noch die nächsten 25 Jahre in freundschaftlichem Briefkontakt blieben.
Voltaire, der wegen der immer noch herrschenden Zensur nicht nach Paris zurückgehen konnte, entschied sich für die französischsprachige Schweiz und investierte einen großen Teil seines Vermögens in Immobilien. In Genf und Lausanne kaufte er Häuser, im benachbarten französischen Grenzgebiet die Landgüter Tourney und Ferney, die er nach adligem Vorbild zu seinem Alterssitz ausbaute. Damit hatte er sich gegen die Abhängigkeit von königlichen Höfen und adligen Mäzenen entschieden, aber die Zensur blieb ein immer drohendes Problem. 1755 nahm Voltaire die langjährige Mitarbeit an Denis Diderots und Jean Le Rond d'Alemberts „Encyclopédie“ auf, 1759 veröffentlichte er „Candide“. Von Genf aus setzte er sich über Jahre zugunsten von Verurteilten in französischen Strafprozessen und für die Rechte der Leibeigenen seiner Region ein. Als er sich 1778 entschloss, nach 28 Jahren der Abwesenheit seine Heimatstadt Paris zu besuchen, wurde er dort enthusiastisch gefeiert, doch überstiegen die Strapazen des Empfangs die Kräfte des kranken alten Mannes und er starb während dieses letzten Aufenthaltes in Paris.

Francois Marie Arouet, bekannt als Voltaire