Vaterlandslose Gesellen
Am 18. Juni 1878 schrieb der Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg, Graf von Bernstorff, an "sämtliche Polizeibehörden" im Kreis eine Dienstanweisung zur Bekämpfung der Sozialdemokratie; "Die sozialdemokratische Agitation in der Presse, in Vereinen und in Versammlungen wird von Tag zu Tag heftiger und dreister und droht die Achtung vor Gesetz und Obrigkeit, die Liebe zu König und Vaterland und die Grundlage der Gesittung, die Religion, zu untergraben." Kaiser Wilhelm I., der sich von der fehlenden Liebe der Arbeiterschaft persönlich gekränkt fühlte, bezeichnete die Sozialdemokraten als "vaterlandslose Gesellen" und noch im selben Jahr wurde das "Sozialistengesetz" gegen die "gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" erlassen. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges schwenkte die große Mehrheit der deutschen Sozialdemokraten in die Front der Kriegsbefürworter ein. Ein Grund - neben anderen - dafür war ihr Bestreben, sich durch den Beweis ihres Patriotismus vom Odium, "vaterlandslose Gesellen" zu sein, zu befreien. 1929 erschien der kritische Roman "Vaterlandslose Gesellen. Das erste Kriegsbuch eines Arbeiters" des Kommunistischen Schriftstellers Adam Scharrer (1889 - 1948), dessen Titel auf diesen Vorwurf Bezug nimmt.